Archiv für den Monat: April 2016

Unerschöpfliche Vorräte

Das hört sich ja eigentlich sehr erstrebenswert an: unerschöpfliche Vorräte an Schokolade, Diesel oder auch an Geld. Das wünscht sich wirklich jeder. Wir haben aber leider nur unerschöpfliche Vorräte an Moskitos. Obwohl wir die Luken und Türen sorgfältig mit Insektengittern abgedichtet haben, geht es jede Nacht rund bei uns. Immer wenn der Wind einschläft (was meistens so gegen zwei Uhr morgens der Fall ist), kommen sie in Scharen. Erschlägt man eine, kommen zwei weitere aus ihren Verstecken. Morgens, wenn dann die Werft langsam zum Leben erwacht, liegen wir noch zerknittert und zerstochen in unseren Betten :-(. Ein Boot an Land ist wirklich kein besonders Vergnügen.
Trotzdem kommen wir endlich gut voran. Am Montag haben wir uns die Anerkennung der Werftarbeiter erarbeitet und bei glühender Hitze zusammen mit den Werftarbeitern die Farbe vom Rumpf der CESARINA gekratzt. So war dann gestern endlich alle Farbe entfernt und der Rumpf zum großen Teil schon geschliffen. Endlich ging es voran. Wenn wir nicht gerade mit den Arbeiten am Boot beschäftigt waren, haben wir hart daran gearbeitet, die Internetseite wieder auf Stand zu bringen. So sind seit heute alle Berichte bis zum 8. April online. Die Bilder, die während unserer Rundreise auf Kuba entstanden sind, sind gesichtet und sortiert und bis zum nächsten Wochenende werden auch die Reiseberichte fertig und online sein.

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Tabak bis zum bitteren Ende

Heute hatten wir bis nach Vinales, unserem nächsten Ziel, nicht viele Kilometer zu fahren. Die hatten es dafür aber in sich. Wir hatten beschlossen, die Straße an der Küste entlang zu fahren, die von der Größe laut unserer Straßenkarte vergleichbar mit den Straßen war, die wir schon oft benutzt hatten. Wie genau Straßen in Kuba klassifiziert werden, wird mir wohl für immer schleierhaft bleiben. Während wir bisher bequem mit 50 oder 60 Kilometern pro Stunde gereist sind, waren heute mehr als 30 Kilometer pro Stunde schon fast lebensgefährlich. Tiefe Schlaglöcher und richtige Gräben machten die Fahrt zum Abendteuer. Uns war es eigentlich egal. Bei der geringen Geschwindigkeit konnte man wenigsten bequem an jeder zweiten Ecke anhalten und ein Foto machen.

Da meine Mutter von Meer noch nicht so viel gesehen hatte, versuchten wir das heute auszugleichen. In dieser wenig touristischen Gegend führte aber kaum eine Straße ans Meer oder zu einem schönen Strand. Bei ersten Mal landeten wir in einer winzige Siedlung und konnten nur durch die Gärten einen Blick aufs Wasser erhaschen. Beim zweiten Mal fanden wir einen winzigen Hafen mit Fischerbooten in einer traumhaften Bucht. Immer wieder wurden wir interessiert gemustert, aber nie angesprochen oder belästigt. So erreichten wir am Nachmittag wieder touristischere Pfade und besuchten die erste Höhle, von denen es eine ganze Menge in diesem Teil Kubas gibt. Nach dem kurzen Spaziergang durch die nicht besonders beeindruckende Höhle, landeten war auf der Rückseite des Berges in einem riesigen Restaurant, das eindeutig auf große Mengen von Touristen ausgelegt war. Jetzt war es aber fast menschenleer und wir konnten in Ruhe eine Kaffeepause machen. Der Rückweg zurück zum Parkplatz führte uns durch die ersten Tabakfelder und direkt an einem Trocknungsschuppen vorbei. Der Tabakbauer ließ sich gegen ein kleines Trinkgeld gern überreden, uns einen kurzen Rundgang zu erlauben. Wir waren wahrscheinlich nicht die einzigen, die danach fragten :-).

In Vinales angekommen suchten wir wie jeden Abend erst einmal unser Quartier. Das lag irgendwie nicht so nett in der dritten kleinen Straße, weit von Ortskern entfernt. In der Casa wurden wir von einem Freund der Familie empfangen, der wohl besser Englisch sprach als die Hausherren. Es gäbe Probleme mit der Toilette und man würde uns deshalb anderswo unterbringen. Gut, dann mal los. Ohne Klo ist ja auch nicht besonders lustig 🙂 Unser neues Domizil, lag direkt neben einer Bauruine an der Hauptstraße in der Nähe der Bushaltestelle. Da das Verkehrsaufkommen in Kuba doch noch recht gering ist, war das dann doch nicht so dramatisch, wie es sich jetzt anhört. Der Weg in die Stadt war jetzt auf jeden Fall deutlich kürzer und angenehmer als vorher. Das heutige Abendessen wollten wir wieder in der Casa einnehmen. Vorher machten wir noch einen ersten Rundgang durch die Stadt bzw. durch das Dorf. Besonders gut gefielen uns die Häuser mit ihren großen, zur Hauptstraße hin offenen Terrassen, auf denen immer mindestens zwei Schaukelstühle standen. Es gab viele Bars und Restaurants und auf dem Platz vor der Kirche war schon die Musikanlage für den heutigen Samstagabend aufgestellt. Wir entschieden uns auch noch für einen kleinen Cocktail vor dem Abendessen 🙂 Normalerweise trinke ich sehr gern einen Mojito, aber heute war ich in Probierlaune. Ein Cubata sollte es diesmal sein. Am nächsten Tag habe ich im Internet gegoogelt, was da eigentlich drin sein soll. Von der vorgeschriebenen Cola habe ich keinen Tropfen schmecken können. Vielleicht lag es daran, dass so viel Rum in mein Glas gewandert war, dass für die Cola einfach kein Platz mehr war. Nach dem Cocktail war ich auch jeden Fall für den restlichen Abend bedient. Da half auch das leckere Abendessen nicht mehr. Seelig lag ich vor zehn in meinem Bett und nicht einmal die Moskitos konnten meinen Schlaf stören.

Für den nächsten Morgen hatten wir uns vorgenommen, zuerst die Cuva de los Indios zu besuchen. Die große Tropfsteinhöhle ist ein beliebtes Ausflugziel, da man in Ihr mit dem Boot auf einem unterirdischen Fluss entlang fahren konnte. Wir erreichten die Höhle vor dem ersten Reisebus und konnten noch recht ungestört die Atmosphäre genießen. Nach einer kurzen Strecke zu Fuß mussten wir am Bootsanleger geduldig auf einen Platz warten. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie lange man hier warten muss, wenn zuvor drei Busse angekommen sind, denn es passt nur immer ein Boot in die Höhle. Wahrscheinlich stellt man sich gleich nach der Kasse in die Schlange durch die komplette Höhle an. Aber direkt hinter dem Eingang der Höhle hat uns die Tour sehr gut gefallen. Zu Fuß wanderten wir noch ein bisschen herum, bevor wir zurück zum Auto gingen. Noch eine weitere Höhle stand für heute auf dem Programm. Auf dem Weg kamen wir an einem ganz absonderlichen Kunstwerk vorbei. Eine riesige Darstellung der Evolutionsgeschichte schmückte eine der bizarren Felswände. Vor dieser Kulisse wurde gerade der Altar für eine Hochzeit aufgebaut. Das Kunstwerk alleine war schon schauerlich. Wer wollte denn hier bloß heiraten?????

Die Höhlen von St. Thomas waren das komplette Kontrastprogramm zu den Cuva de los Indios. Hier traf man auch keine Reisegruppen mehr an. Wir kamen mit einer ebenfalls wartenden deutschen Familie ins Gespräch. Für den Besuch der Höhle musste man zwei bis drei Stunden Zeit einplanen. Festes Schuhwerk war vorgeschrieben. Die restliche Ausrüstung (Helm und Stirnlampe) bekam man dann hier. Das war auch der Grund, warum sie seit fast zwei Stunden hier noch gesessen haben. Zu viele Leute und keine Ausrüstung mehr. Das war der Grund, warum es für sie hier nicht weiter ging. Da meine Mutter schon seit ein paar Tagen gegen eine Klimaanlagenerkältung kämpfte, entschieden wir uns gegen die anstrengende Unternehmung. Es war auch schon kurz nach Mittag und für den Nachmittag waren Gewitter angekündigt. Da wollten wir mit dem Auto lieber nicht unterwegs sein. So fuhren wir gemütlich zurück nach Vinales und verbummelten den Nachmittag in der Stadt. Am Horizont hatten sich bereits dicke Wolken zusammen gebraut und so war uns die ursprünglich geplante Wanderung in die Tabakfelder zu riskant. So besorgten wir einige Mitbringsel für die Daheimgebliebenen und besuchten den kleinen botanischen Garten direkt im Stadtzentrum. Die Gewitter hatten ein Einsehen mit uns. Nicht ein einziger Tropfen fiel vom Himmel. Unser Abendessen in der Stadt genossen wir ein weiteres Mal bei strahlendem Sonnenschein auf der Terrasse. So wünscht man sich das doch im Urlaub 🙂

Jetzt waren wir schon zwei Tage von Tabakpflanzen umgeben und noch immer hatten wir keinen Einblick in die Kunst der Zigarrenherstellung. Das sollte sich heute ändern. Nach dem Frühstück fuhren wir nach Pina del Rio. Hier wollten wir die Zigarrenfabrik besuchen. Die Stadt scheint einer der reicheren in Kuba zu sein, denn die Verkehrsdichte war unglaublich hoch. Da war ich echt erleichtert, als ich unseren Mietwagen am Straßenrand geparkt hatte. Zu Fuß war man einfach flexibler. Aber heute Morgen war uns die Stadt irgendwie zu hektisch und wir entschieden uns spontan, direkt zu der Tabakplantage zu fahren, die wir auch noch besuchen wollten. Die lag etwas außerhalb und nach gut 30 Minuten hatten wir sie gefunden. Hier wurden wir in Ruhe herumgeführt und durften uns alles anschauen. Auch die Prozedur des Zigarrenrollens wurde uns gezeigt. Die Plantage der Robeinas wird vom Enkel des Gründers weitergeführt. Den durften wir auch persönlich kennenlernen. Denn während uns im Tabakschuppen der Trocknungsprozess erklärt wurde, kam er mit seiner kleinen Tochter herein. Er erklärte, dass die junge Dame jeden Morgen eine selbstgerollte Zigarre von ihm verlangen würde und machte sich unter ihren kritischen Augen auch direkt ans Werk. Kurze Zeit später hielt die junge Dame die gewünschte Zigarre in der Hand – ein gelungener Kontrast zu ihrer Windel 🙂

Vor den Toren der Plantage nutzen wir noch die Gelegenheit, ein paar Zigarren als Mitbringsel zu erstehen. Dann war es Zeit, dem Tabak den Rücken zu kehren und weiter nach Havanna zu fahren, der letzten Station unserer Rundreise.

Noch gute 200 Kilometer lagen vor uns, bevor wir in Havanna den Mietwagen abgeben dürfen. In den letzten Tagen hatte er schon manchmal merkwürdige Anwandlungen gehabt. Morgens musste man schon etwas Überzeugungsarbeit leisten, damit der Motor nach dem Anlassen auch an blieb und nicht einfach wieder ausging. Zwischenzeitlich hakte auch das Gaspedal 🙂 und ließ sich nicht durchtreten. Andersherum wäre es aber deutlich schlimmer gewesen 🙂 Kleinigkeiten eben. Jetzt auf dem Weg nach Havanna spielte uns die Benzinuhr einen letzten Streich. Eigentlich hatten wir reichlich genug Benzin im Tank, um bequem nach Havanna zu kommen. Jetzt fehlten noch fünfzig Kilometer und wir standen plötzlich auf Reserve. Auf der Autobahn war natürlich weder eine Ausfahrt noch eine Tankstelle in Sicht. Das Autofahren in Havanna ist ja eh eine anspruchsvolle Angelegenheit. Da wäre es doch schön gewesen, wenn man sich wenigstens um das Benzin keine Gedanken machten müsste. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis wir endlich eine Tankstelle fanden. Schnell tankten nochmal 15 Liter Sprit nach. Jetzt konnten wir uns auch entspannt in Havanna verfahren. Zuerst sollte es zu unserer Casa gehen, die zentral am Rande der Altstadt lag und dann würden wir bis fünf Uhr noch den Mietwagen loswerden müssen. Jetzt mussten wir uns langsam etwas ranhalten. Unsere Casa in der Altstadt kreisten wir langsam ein. Eine Einbahnstraße mündete in die nächste, aber irgendwann waren wir dann doch am Ziel. Der erste Eindruck begeisterte uns nicht. Meine Mutter blieb im Auto: „Hier steige ich nicht aus…“ Das war eindeutig kein besonders guter Anfang. Das Haus mit der Hausnummer 204 war wirklich keine besondere Schönheit. Aber wie schon so oft, wollte ich erst einmal gucken. Vielleicht war es gar nicht so schlimm. Ein Schild war auf jeden Fall nirgendwo zu entdecken und so fragte ich mich bis in den dritten Stock durch. Die gesamte Etage war vom Treppenhaus durch eine massive Gittertür abgetrennt. Dahinter sah es nach dem dunklen und gruseligen Treppenhaus erstaunlich sauber und gepflegt aus. Auch in der Wohnung selber gab es dann nichts mehr zu meckern. Mit Hilfe des Hausherrn schleppten wir das Gepäck hinauf und richteten uns ein. Jetzt mussten wir nur noch das Auto werden. Der kürzeste Weg zum Hotel Central war auf der Karte ungefähr ein Kilometer. Bis wir erst das Hotel und dann auch noch einen Parkplatz gefunden hatten, sind wir bestimmt die zehnfache Strecke gefahren. Schnell waren die Formalitäten erledigt und wir konnten ab sofort Havanna zu Fuß erkunden. Von Parque Central wanderten wir am „Capitolio national“ vorbei. Die Straßen waren voll mit mehr oder weniger gut gepflegten Oldtimern und mehrfach wollte man uns zu einer Stadtrundfahrt überreden. Aber nicht heute, war unsere Standardantwort. Morgen würden wir wieder kommen. Die Stimmung in der Stadt war sehr angenehm und locker. Wir machten einen Abstecher ans Meer und spazierten ein Stück auf der Malecon, der Uferpromenade, entlang. Hier war immer was los und viele Kubaner genossen hier den Sonnenuntergang. Pünktlich zum Abendessen waren wir zurück in der Casa. Der Chef kochte persönlich und es gab Garnelen nach kubanischer Art. Mit den riesigen Portionen hätte man wahrscheinlich doppelt so viele Leute satt bekommen, aber wir schlugen uns tapfer. Nach dem Essen ließen wir uns noch ein bisschen durch die Altstadt treiben. Mit einem Mojito in der Hand saßen wir am „Plaza de la Cathedrale“ und ließen den Abend entspannt ausklingen.

 

 

 

Immer weiter in Richtung Westen

Von Trinidad hatten wir eigentlich noch nicht so besonders viel gesehen. Das wollten wir vor unserer Weiterreise nach Cienfuegos noch nachholen. Wir hatten gehofft, einen Blick in einen der alten Paläste der Zuckerbarone werfen zu können, die damals um den Plaza Mayor herum errichtet wurden. Das gelang uns aber nur begrenzt. Der berühmteste „Palacio Brunet“ war leider wegen Renovierung geschlossen und gewährte uns nur einen kleinen Einblick durch den völlig kaputten Fußboden hindurch in die erste Etage :-). In einem weiteren Palace war eine Galerie untergebracht, aber immerhin konnte man dort schon mal hinein gehen 🙂 In einem dritten war ein Museum eingerichtet, das für uns eher nach einem wilden Sammelsurium von Dingen ohne besonderes Konzept aussah. Danach war unser Bedürfnis nach Bildung erstmals gestillt und wir tauschten in Trinidad nach schnell Geld bei der Bank, bevor wir in weniger touristische Gegenden kamen. Geldautomaten gibt es hier zwar schon, aber sie sind selten und auch nicht einfach zu finden. Geld bekommt man aber mit der Kreditkarte bei jeder Bank. Man muss sich nur brav an die Spielregeln halten und sich hinten in der Reihe anstellen. Da kann mitunter schon mal ein bisschen dauern. Auch sollte man nicht unbedingt im Bikini eine Bank aufsuchen, denn ein Bankenbesuch ist eine ernste Angelegenheit, die angemessene Kleidung erfordert. Aber das ist ja in Deutschland nicht anders 🙂

Gut ausgerüstet machten wir uns auf den Weg nach Cienfuegos. Gegen Mittag passierten wir 15 Kilometer vor der Stadt ein Hinweisschild zum botanischen Garten. Hier würde man bestimmt ein angenehmes Plätzchen für eine Mittagspause finden. Der botanische Garten stellte sich als riesiger Park heraus, der am einfachsten mit dem Auto befahren wird. In der Mitte fanden wir aber wie erwartet ein Restaurant und bekamen ein leckeres Mittagessen. In diesem Bereich des Gartens konnte man sich auch gut zu Fuß bewegen und so stand nach dem Essen ein ausgedehnter Spaziergang an. Viele verschiedene Geckos kreuzten unseren Weg und natürlich gab es auch Kolibris. Nicht nur die schwarzen, sondern auch wunderschöne bunte Exemplare. Gesehen haben wir die schnellen Gesellen zwar, aber für ein Foto hatte es leider nicht gereicht 🙂 Eigentlich sehr schade.

Cienfuegos erreichten wir am späten Nachmittag. Unsere Casa präsentierte sich diesmal ziemlich gewöhnungsbedürftig, aber es war ja auch nur ein Quartier für eine Nacht. Ein hervorragendes Frühstück am nächsten Morgen würde die Nacht auf den gesundheitsschädlichen Matratzen hoffentlich wieder ausgleichen :-). Cienfuegos war unsere erste Station direkt am Meer und so fuhren wir zuerst zum Ende der Landzunge, auf der die Stadt erbaut wurde. Neben einigen beeindruckend schönen und gut restaurierten Gebäuden kamen wir auch am Yachthafen vorbei. Wenig vertrauenserweckend war das Wrack eines alten Zweimasters, das halb gesunken an einem Steg lag 🙂 In der Bucht vor der Marina sahen wir mehrere deutsche Schiffe, unter anderem auch die SY MARLIN von Michael Wnuk. Da wir aber im Mietwagen leider kein Dinghi dabei hatten, konnten wir nicht einmal „Hallo“ sagen. Vielleicht sieht man sich ja später noch einmal 🙂

Den Abend verbrachten wir dann in der Altstadt am den zentralen Platz Parque Marti und am Fischereihafen. Im Gegensatz zu den Städten, die wir bisher besucht hatten, waren die Gebäude der Stadt in einem ziemlich guten Zustand. Anscheinend wird in Kubas größtem Zuckerexporthafen immer noch mehr Geld verdient als in anderen Teilen des Landes. Leider fehlte es der schönen Stadt aber irgendwie an Leben. Nachdem wir den Fischern einige Zeit bei ihrer Arbeit zugeschaut hatten, ging dieser Abend dann für uns recht früh zu Ende.

Am nächsten Morgen folgten wir der Küste und kamen an der geschichtsträchtigen Schweinebucht vorbei, von der aus die Amerikaner 1961 eine Invasion begannen, um Fidel Castro zu stürzen. Dies misslang ja bekannter Weise. Heute zeugen nur noch ein Museum und viele Gedenktafeln von den längst vergangenen Zeiten. Das einzig wirklich wehrhafte, das wir an dieser wunderschönen Küste noch entdecken konnten, waren tausende von Krabben. Diese waren leider auch auf der Küstenstraße unterwegs und forderten Dietmars Fahrkünste. Viele andere Autofahrer sind aber leider nicht so erfolgreich gewesen und mussten bald die Reifen wechseln. Die Mietwagengesellschaften warnen vor den Krabben als Hauptursache für Reifenpannen in diesem Gebiet 🙁

Unsere Endstation für heute war Playa Larga, ein kleiner Ort auf der Zapata-Halbinsel. Die Halbinsel ist ein Feuchtgebiet mit großen Mangrovenwäldern und steht komplett unter Naturschutz. Auf dem Rio Hatiguanico soll aber man eindrucksvolle Bootsfahrten unternehmen können. Unsere bisherigen Erfahrungen hatten uns gelehrt, dass es besser ist, solche Dinge vor Ort zu organisieren und am besten mindestens einen Tag im Voraus. So machten wir uns zuerst auf den Weg ins Infozentrum des Nationalparks. Die Lage des Zentrums war in meiner Karte so merkwürdig eingetragen, dass wir auf dem Weg dorthin wenn auch unbeabsichtigt schon die erste Tour durch den Park unternommen hatten. Gut eine Stunde hoppelten wir auf einer ausgefahrenen Piste durch den dichten Wald, bevor wir an der anderen Seite von einem sehr erstaunten Wachmann wieder herausgelassen wurden. Beim zweiten Versuch fanden wir das Infozentrum direkt an der Hauptkreuzung von Playa Larga. Da sind wir zuvor bereits schon zweimal dran vorbei gefahren 🙂

Leider war nach der langen Trockenzeit nicht mehr genug Wasser im Rio Hatiguanico, um eine Bootsfahrt zu unternehmen. Schade, aber so etwas kann natürlich passieren. Uns wurde aber eine Route ans Herz gelegt, die wir mit unserem Mietwagen allein fahren konnten. Entweder heute, später am Nachmittag oder morgen in der Früh. Das war eine schöne Alternative, die wir gern wahrnehmen wollten. Da es noch nicht mal Mittag war, beschlossen wir zuerst zu der Krokodilfarm zu fahren, die ganz in der Nähe war. Dies war wohl ein Haupttouristenziel in der Region genau wie die benachbarte Lagune, die man bequem per Boot erreichen konnte. Das Ganze war doch sehr kommerziell aufgemacht. In der Laguna befand sich aber kein Museum über die Taino-Indiander, wie ich es im Reiseführer zu lesen geglaubt hatte, sondern nur ein Hotel, das ähnliche Hütten wie sie einst in den Taino-Dörfen standen, aufwies. Das brauchten wir nun wirklich nicht. Aber wenn wir schon mal da waren, wollten wir wenigstens den Krokodilen einen Besuch abstatten. Die Tiere waren schon echt schauerlich und wir waren froh über die hohen Zäune, die uns sicher vor ihnen schützten.

Nach dem Ausflug machten wir uns in Playa Larga erstmal daran, unsere Casa zu suchen. Schon bei der Durchsicht der Adresse war mir aufgefallen, dass hier irgendwie die Straßenangabe fehlte. Während unserer Irrfahrt durch die kleine Stadt hatten wir den Namen unserer Casa auch nirgends erspähen können. So mussten wir uns durchfragen mit Händen und Füssen, denn hier konnte fast niemand mehr als drei Worte Englisch sprechen. Aber irgendwann fanden wir dann doch noch jemanden, der schon einmal von der Casa Gretty gehört hatte 🙂 Sie lag etwas vor der Stadt gegenüber des großen Hotels. Dort angekommen, mussten wir gleich doch nochmal fragen. Gegenüber dem Hotel waren mehrere Baustellen zu sehen und auch andere Häuser, in denen wir lieber nicht übernachten wollten. An einem schmalen Pfad ganz weit von der Hauptstraße entfernt stand ein Schild: „Zimmer zu vermieten“. Das war der richtige Weg 🙂 und er führte uns zu einem sehr gepflegten Haus in einem schönen Garten. Das hatten wir jetzt nicht erwartet. Herzlich wurden wir mit frischen Kokosnüssen empfangen, die der Hausherr direkt von der Palme geschlagen hatte.

Dietmar war von der ganzen Fahrerei heute etwas angeschlagen und so beschlossen wir Frauen am späten Nachmittag nochmal alleine in Richtung Nationalpark zu fahren. Leider erreichten wir das Gate erst gegen fünf Uhr und bekamen die Info, dass es für einen Besuch heute bereits zu spät sei. Morgen ab acht Uhr wäre wieder geöffnet. Gut, dann halt morgen wieder 🙂 An diesem Abend ließen wir uns in unserer Casa bekochen und lernten die Krabben von heute Morgen auch von ihrer schmackhaften Seite als Delikatesse kennen. Wie eigentlich immer war das Essen lecker und sehr reichhaltig. Als wir nach dem Essen noch im Dunkeln draußen saßen, lernten wir die kubanischen „Glühwürmchen“ kennen. Im ersten Moment wollte ich am liebsten die Flucht antreten. Die Schaben ähnlichen Tieren haben grün-leuchtende Augen 🙂 echt gruselig 🙂 und fliegen können sie auch noch.

Am nächsten Morgen nach dem extra frühen Frühstück lernten wir einmal wieder die Besonderheiten des Tourismus auf Kuba kennen. Motiviert standen wir um kurz nach acht Uhr am Gate des Nationalparks. Der Wärter ließ uns nicht durchfahren. Geöffnet wäre jetzt schon, aber wir bräuchten einen lokalen Führer. Da müssten wir erstmal zum Infozentrum fahren. Am liebsten wäre ich sofort an Ort und Stelle explodiert. Dann eben nicht. Im Infozentrum hatte niemand erwähnt, dass wir die Tour nicht alleine machten konnten und auch gestern hätte uns der Wärter doch mal einen Tipp geben können. So zogen wir unverrichteter Dinge und leicht frustriert von dannen.

So war heute noch einmal eine längere Stecke Autobahn zu fahren, um in den Westteil der Insel zu gelangen. Diese Gegend von Kuba ist bekannt für Tabak- und Kaffeeanbau und die beeindruckende Landschaft mit den Bergwäldern der Sierra de los Organos und den buckeligen Karstfelsen des Valle de Vinales. Dietmar hatte nach einer Woche genug gesehen von Kuba und vielleicht auch genug von der geballten Frauen-Foto-Power. Er machte sich am Nachmittag mit dem Taxi auf in Richtung Varadero, um dort die Arbeiten am Boot in der Marina zu überwachen und auch selbst noch verschiedene Arbeiten an Bord zu erledigen. Wir machten uns zum ersten Mal allein auf den Weg nach Soroa. Hier besuchten wir den berühmten Orchideengarten mit mehr als 800 verschiedenen Arten. Dann kurvten wir weiter nach „Las Terraza“, einer kubanischen Mustersiedlung mitten im Nationalpark, die unser Reiseführer als sehr idyllisch beschrieb. Mal wieder mussten wir feststellen, dass unsere Vorstellungen von idyllisch doch weit auseinander lagen, obwohl das gesamte Dorf schon sehr gepflegt am Ufer eines Sees lag.

Pünktlich zum Abendessen waren wir zurück in unserer Casa und fielen danach müde ins Bett. Die Vergnügungsmöglichkeiten in Soroa (eigentlich nicht viel mehr als eine Straßenkreuzung) waren auch sehr begrenzt 🙂 Hier sagen sich wirklich Hase und Igel gute Nacht, oder eher die Hähne, die schon morgens um halb drei mit kräftigem Geschrei den neuen Tag herbei krähen.

Ein Lebenszeichen aus Kuba

Jetzt sind wir schon eine Woche auf Kuba und haben noch nichts von uns hören lassen. Die Überfahrt war anstrengend und seit Freitag steht unsere CESARINA sicher an Land und gönnt sich etwas Wellness, während wir seit Samstag mit meiner Mutter zusammen mit dem Auto Kuba unsicher machen. Wenn wir zurück sind,  gibt es viel zu berichten. Jetzt reicht die Zeit leider nicht aus 🙁

 

Rund um Trinidad

Schon recht früh hatten wir unser Gepäck wieder in unserem Mietwagen verstaut, der zwei Tage bewacht vor unserer Casa auf uns gewartet hatte. Für uns war es immer noch ein komisches Gefühl, das Auto nicht einfach irgendwo parken zu können. Im sicheren Deutschland macht man sich einfach keine Gedanken darüber, ob über Nacht die Reifen verschwunden sein könnten. In Kuba scheint es wohl zum Alltag zu gehören. Jedes Privatquartier, in dem wir übernachteten, hatte ein eigenes Konzept zur Sicherung des Autos 🙂 Das ging von der privaten Garage oder Stellplatz auf dem Grundstück, über den extra angeheuerten nächtlichen Bewacher bis zu bewachten Parkplätzen in der Nähe der Unterkunft. Wir waren sehr dankbar über den angebotenen Service und konnten am Ende der Reise unser Auto mit den vier ursprünglich montierten Reifen ohne zwischenzeitliche Pannen in Havanna wieder abgeben.
Unser Weg nach Trinidad führte uns zuerst nach Santi Spiritus. Die Stadt war nach Santa Clara eine echte Erholung für uns. Deutlich kleiner, aber auch in einem deutlich besseren Zustand genossen wir den Stadtbummel in der recht gepflegten Altstadt. In einer kleinen Eisdiele gab es dann einen großen Eisbecher für jeden von uns zum Mittagessen. Auch hier wurde die Landeswährung Pesos verlangt. Gut, dass wir uns am Morgen noch in unserer Casa etwas Geld getauscht hatten. So konnten wir diesmal problemlos bezahlen. Bevor wir weiterfuhren, suchten wir noch einen kubanischen Laden auf. Wir wollten uns einfach mal ein Bild davon machen, was sogenannte Luxusgüter (besonders Seife) in Kuba eigentlich kosten. In vielen Reiseführern liest man davon, dass Reisende von den Einheimischen um Seife oder Kugelschreiber angebettelt werden. Sicherheitshalber hatten auch wir einen Vorrat dabei. Bisher hatte sich aber die Nachfrage in Grenzen gehalten. Während Obst und Gemüse sehr günstig ist, kann man Seife in Kuba schon als Luxusware einstufen. In dem besuchten Laden kostete ein normales Stück Seifen zwei CUC. Für mein Gefühl schon fast unvorstellbar teuer. Für zwei CUC kann man sehr leicht zwei gut gefüllte Tüten mit Obst und Gemüse einkaufen. Irgendwie stimmte hier das Verhältnis nicht 🙁
Tinidads Geschichte hängt direkt mit dem Zuckerrohranbau auf Kuba zusammen. So lag das „Valle de los Ingenios“ auf unserem Weg in die Stadt. Rechts und links der Straße findet man Ruinen und Überreste der vor langer Zeit so reichen Zuckerplantagen. Nicht immer ist es aber einfach, diese im Reiseführer beschriebenen Schätze in der Wirklichkeit auch zu finden. Die Beschilderung ist zwar in diesem Teil von Kuba schon besser als im Restlichen, doch für europäische Verhältnisse ist sie immer noch kaum vorhanden. So fanden wir ein schönes, recht gut erhaltenes Herrenhaus, das ehemals zur größten Zuckerfabrik Kubas gehörte. Die Überreste der Fabrik waren aber leider komplett abhandengekommen 🙂 Wir besuchten den 45 Meter hohen Turm „Torre de Iznaga“, der damals zur Beaufsichtigung der Sklaven benutzt wurde. Kurz vor Trinidad machten wir einen letzten Stopp. Von dieser alten Zuckerplantage waren sowohl die Ruinen der Sklavenunterkünfte als auch der Produktionsanlagen vorhanden. Ein kompliziertes Wasserleitungssystem hatte die gesamte Plantage mit frischem Wasser versorgt. Das Haupthaus wird momentan gerade restauriert. Leider fehlte an allen Orten, die wir besucht hatten, jede Form von Hintergrundinformationen, die einen Besuch erst lehrreich gemacht hätten. Zwar hatten wir unseren Reiseführer dabei, der in vielen Punkten weiterhelfen konnte, doch wäre es oft schön gewesen mehr über die Orte zu erfahren, die wir besucht hatten 🙁 Aber vielleicht kommt das ja irgendwann einmal noch.
Trinidad selbst gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO und wird als eine der schönsten Städte Kubas beschrieben. Berühmt und berüchtigt ist das Kopfsteinpflaster der Altstadtstraßen, das nicht besonders zu einem Spazierbummel einlädt und auch kaum sauber zu halten ist. Unsere Casa lag wieder direkt im Zentrum der Stadt in einem gut 300 Jahre alten Haus, das zwar nur acht Meter breit, aber dafür gefühlte zwanzig Meter tief war. Im Laufe der Jahre hatte jede Generation noch ein Stückchen angebaut. Sehr angenehm war der Hinterhof, von dem unsere Zimmer abgingen. So konnte man bequem noch etwas Frischlauft genießen. Nach dem langen Tag machten wir nur einen kurzen Spaziergang durch die Stadt und ließen uns in unserer Casa bewirten. Viele der privaten Unterkünfte in Kuba bieten auch ein Abendessen mit an, das meistens gut und günstig ist. Das war auch hier der Fall. Nach einer leckeren Bohnensuppe gab es Langusten vom Grill mit Salat, Reis und Bananenchips in riesigen Mengen. Da konnte man sich wirklich nicht beklagen.
Am nächsten Tag wollten wir in den nahe gelegenen Bergen eine Wanderung machen. Als Ausgangspunkt wurde Topos de Colantes empfohlen. Der Weg dahin war nicht weit, aber durch die engen, kurvigen Straßen waren wir schon eine ganze Weile unterwegs. Immer weiter hinauf in die Berge führte uns unser Weg und die kahle Landschaft wurde immer mehr durch Pinien- und Eukalyptuswälder bestimmt. Im Infozentrum angekommen bekamen wir aber leider nicht wie erhofft, eine Wanderkarte oder einen Führer. Weit gefehlt. Nach einigem Hin-und-Her war schon mal klar, dass für heute kein kundiger Führer mehr aufzutreiben wäre. Die Wanderwege seien auch nicht ausgeschildert teilte man uns mit. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir heute Abend wieder zurück zu unserem Auto finden würden, konnte allgemein als gering eingestuft werden und es wurde auch deutlich davon abgeraten, alleine los zu ziehen. Etwas enttäuscht dachten wir schon darüber nach, unverrichteter Dinge wieder von dannen zu ziehen. Doch dann bot sich doch noch eine Möglichkeit: Vom der nahe gelegenen Casa de Cafe führte ein ausgeschilderter Weg zu einer Höhle an einem Fluss. Also machten wir uns auf den Weg. Der Weg führte durch den Wald. Meiner Meinung nach leider mit deutlich zu viel steilen Bergauf und Bergab-Passagen. Aber so ist das halt in den Bergen. Bei den herrschenden Temperaturen und meiner unglaublich schlechten Kondition kam ich schon kräftig ins Schnaufen. Trotzdem war der Ausflug in Kubas Natur eine Wohltat. Fast die ganze Strecke waren wir alleine unterwegs und konnten viele verschiedene neue Vogelarten entdecken und beobachten, die in diesem Gebiet zu Hause sind. Am Ziel des Weges wurde es dann erfrischend kalt. Um in die Höhlen zu gelangen musste man durch den Bach waten, der gefühlte zehn Grad Wassertemperatur hatte. So bekamen unsere strapazierten Füße eine wohl verdiente Abkühlung und dann ging es motiviert wieder zurück zum Startpunkt. Verschwitzt und müde waren wir froh, wieder im Auto sitzen zu dürfen.
Auf dem Heimweg wurden wir aber durch eine kubanische Straßenbaustelle aufgehalten. Schon am Morgen hatten wir eine Baustelle passiert, wo der alte Straßenbelag durch neue Betonplatten ersetzt wurde. Jetzt war aber gerade vor uns ein Betonmischer mit neuem Material angekommen. In mühsamer Handarbeit wurde der Beton erst in die Zwischenräume der schon gegossenen Platten gegossen und dann mit Schaufeln verteilt. Danach wurde die Oberfläche mit einem Brett grob abgezogen. Die Feinarbeit wurde abschließend mit der Maurerkelle erledigt. Das dauerte natürlich eine ganze Weile 🙁 Die armen Arbeiter, die in der Gluthitze diese schwere Arbeit machen mussten 🙁
Durch die Verzögerung kamen wir gerade noch so rechtzeitig in Trinidad an, dass wir vor unserem Treffen mit der Familie Wolff noch unter die Dusche springen konnten. Trinidad war leider die letzte gemeinsame Station und so wollten wir die Gelegenheit für ein letztes gemeinsames Abendessen nutzen. Die beiden hatten auch diesmal einen Tisch in einem bezaubernden Restaurant reserviert, das ganz besonders durch seine ausgefallene Inneneinrichtung auffiel. Tische, Stühle, Geschirr und alles andere war eine Ansammlung von Antiquitäten aus längst vergangener Zeit, liebevoll zusammengestellt und in Szene gesetzt. Vom Dach des Gebäudes hatte man einen beeindruckenden Ausblick über die Stadt und den wunderschönen Sonnenuntergang. Den Abend ließen wir dann bei einem Mojito auf der Treppe vor der Casa de Musica ausklingen. Schade, dass das der letzte gemeinsame Abend gewesen war 🙁

Auf nach Santa Clara

Dietmar hatte die Nacht auf dem Balkon ohne größere (Moskito-)Schäden überstanden und motiviert machten wir uns auf den Weg zur Frühstücksbar. Auf der Terrasse der Bar am Pool brannte die Sonne schon um neun Uhr recht erbarmungslos vom Himmel und Schattenplätze waren leider nicht vorhanden :-). Dadurch ließen wir uns aber die gute Laune nicht verderben und genossen das Frühstück. Frisch gestärkt machten wir uns auf den Weg zur Werft, um noch einige Dinge vom Boot zu holen und andere hinaufzubringen. Mal sehen, ob wir jemanden finden würden, der am Samstagvormittag den Stapler bedient?! Der Werftchef persönlich ließ Dietmar in die Höhe schweben und schnell war alles erledigt. Mit einem netten Oldtimer machten wir uns auf den Weg, den Mietwagen abzuholen, der in einem anderen Hotel in der Nähe für uns reserviert war. Nur ein weiterer Kunde stand vor uns in der Schlange, doch dauerte es noch eine gute halbe Stunde, bis wir endlich an der Reihe waren. Kubanische Geschäftigkeit eben. Wenn ich da an die Mietwagenschalter in den deutsche Flughäfen denke, wo die Abfertigung „Zack-Zack“ von der Hand geht 🙂 Da wäre unser freundlicher Mitarbeiter ganz schnell zum Mordopfer eines ungeduldigen Kunden geworden. Wir warteten aber geduldig bis auch wirklich alle Formulare (mit mehreren Durchschlägen) ordentlich ausgefüllt waren und es endlich an die Übergang des Autos ging. In den nächsten zehn Tagen würde ein weißer Chevrolet für unsere Mobilität sorgen. Da er bereits schon rundherum ordentlich zerschrammt war, brauchten wir uns wegen weiteren Kratzern kaum Sorgen zu machen. Die würden nicht weiter auffallen. Auch die Kupplung hatte schon bessere Zeiten gesehen und Dietmar fluchte etwas, als wir uns zurück auf den Weg zum Hotel machten, um unser Gepäck abzuholen.

Um zwölf Uhr waren wir dann startklar und noch knappe 300 Kilometer lagen vor uns bis nach Santa Clara. Bewaffnet mit Karte und Offline-Navi auf meinem Handy fühlten wir uns gut gerüstet. Je weiter wir uns von Varadero und den gepflegten Hotelanlagen entfernten, desto mehr veränderte sich das Bild, das sich uns bot.

Auf der Schnellstraße, die in Deutschland wohl eher als kleine Nebenstraße eingestuft worden wäre, war wenig Verkehr. Eigentlich waren nur Taxis und andere Mietwagen unterwegs. Und natürlich unzählige Pferdefuhrwerke, merkwürdige busähnliche und deutlich überfüllte Transportwägen und langwirtschaftliche Fahrzeuge. Unser Weg führte uns durch weite Ebenen, in denen Zuckerrohr angebaut wurde. Unglaublich viele Rinder und Pferde weideten auf den kahlen Wiesen rechts und links der Straße. Und über allem kreisten die Geier. Ein wirklich bedrückendes Bild. Die Siedlungen und Städte, die wir passierten, waren ärmlich, Häuser und Straßen in einem eher traurigen Zustand. Wir passierten auch mehrere Wohnsiedlungen im Plattenbau-Stil, die einen traurigen oder eher hoffnungslosen Eindruck machten. Unweit der Straße waren verschiedenen Industrieanlagen zu sehen. Welche davon noch in Betrieb waren, konnte man nicht abschätzen. Verrostet und baufällig waren sie auf jeden Fall alle 🙂 Der erste Eindruck von Kuba war wirklich ernüchternd. Verstärkt wurde er noch zusätzlich durch die ausgetrocknete und karge Landschaft, die durstig auf den Beginn der Regenzeit im Mai wartete.

Nachdem wir über zwei Stunden unterwegs waren, wollten wir eigentlich eine Mittagspause machen. So hielten wir nach einem geeigneten Lokal oder Restaurant Ausschau. Es dauerte aber fast noch eine ganze weitere Stunde, bis wir etwas Geeignetes gefunden hatten. Nach den vielen Geschichten über beschädigte oder abhandengekommene Autoreifen wollten wir unseren Mietwagen lieber sicher geparkt wissen und beim Essen im Auge behalten. Außerdem schreckten uns viele Lokale schon optisch ab oder waren komplett menschleer. In Santo Domingo fanden wir aber dann eine Pizzaria, die all unsere Kriterien erfüllte. Vor der Tür parkte ein Pferdefuhrwerk und im Inneren waren viele der Plätze besetzt. So war dann endlich auch für uns Zeit zum Mittagessen. Die Karte war überschaubar und die Preise niedrig (Wie niedrig würde uns aber erst beim Bezahlen aufgehen). Da ich kubanischer Pizza etwas misstrauisch gegenüberstand, bestellte ich Spagetti mit Käse. Diese Entscheidung stellte sich als großer Fehler heraus, denn die Pizza war lecker und die Spagetti eine Katastrophe. Aber nachher ist man ja immer schlauer.

Bei Bezahlen wurde uns klar, wie weit wir uns von den gängigen touristischen Reiserouten entfernt hatten, denn die Preise in der Karte nicht in CUC (der „Touristen-Währung“. Ein CUC entspricht einem Dollar) sondern in normalen Peso. So kostete das gesamte Mittagessen mit Getränken 27 Peso. Und da 25 Pesos einem CUC entsprechen, hatten wir grade etwas mehr als einen Euro ausgegeben. Die junge Bedienung nahm gern unsere zwei CUC entgegen und freute sich über das königliche Trinkgeld :-).

Auf unserem weiteren Weg verpassten wir einmal die Abzweigung der Hauptstraße und verirrten uns in eine kleine Siedlung. Touristen und Autos gehörten hier ganz sicher nicht zum alltäglichen Straßenbild. Ein junger Mann hielt uns mit Handzeichen an und wollte uns weiterhelfen. Wirklich begeistert waren wir nicht von der aufgedrängten Hilfe, aber als er uns einen offiziellen Ausweis zeigte, waren wir beruhigt. Er fragte uns nach unserem Ziel und teilte uns dann mit, dass eine Brücke auf dem Weg nach Santa Clara gesperrt wäre. Ausfühlich und mit Hingabe erklärte er uns eine Ausweichstrecke, die uns zusätzliche 50 Kilometer beschert hätte. Für seine Dienste erwartete er natürlich eine angemessene Entlohnung. Die 1-CUC-Münze, die Dietmar durchs Fenster reichte, rief leider keine wahre Begeisterung hervor. Dabei sollte man im Kopf haben, dass das durchschnittliche Monatsgehalt der Kubaner zwischen 30 und 40 CUC liegt. Aus diesem Grund waren wir auch nicht bereit, mehr für die ungefragte Auskunft zu bezahlen, egal ob er nun ein oder fünf Kinder zu versorgen hatte. Irgendwie kam mir die ganze Aktion sowieso etwas spanisch vor, oder eher kubanisch???? Bis zu der angeblich gesperrten Brücke waren es nur drei Kilometer. Als wir wieder zurück auf unserer Route angekommen waren, entschieden wir uns, uns selbst ein Bild von der Situation zu machen und fuhren wie ursprünglich geplant weiter. Auf der ganzen Strecke nach Santa Clara konnten wir keine gesperrte Brücke entdecken. Gut, wenn man manchmal einfach seinem Instinkt folgt und nicht alles glaubt, was andere erzählen. Und gut, dass wir ihm nicht mehr als einen CUC für seine unsinnige Auskunft bezahlt hatten. Da hätten wir uns sicher noch mehr geärgert.

Nach dieser Begegnung machten wir um alle weiteren, am Wegrand stehenden Menschen eine großen Bogen und kamen problemlos an unser Ziel 🙂 Unser Quartier lag direkt in der Altstadt in einer Nebenstraße und war das einzige Haus mit einem frischen Anstrich 🙂 Die Zimmer waren sauber und nett eingerichtet und die Familie nett und hilfsbereit. Zwar sprachen beide nicht besonders gut Englisch, aber eine Verständigung über die alltäglichen Dinge war ohne weiteres möglich. Nach den vielen Eindrücken und der langen Fahrt machten wir erst einmal eine kurze Pause, bevor wir Freunde aus Deutschland zum Essen trafen. Pünktlich um sechs Uhr standen Robert und Susanne aus München vor unserer Tür, in der Hand eine Tüte mit zwei Dosen Weißwurst und süßem Senf aus Bayern 🙂 und noch weiteren netten Dingen. Auf die Münchener kann man sich wirklich verlassen. Die Beiden hatten ihre Rundreise schon eine Tag vor uns in Varadero begonnen und waren auf einer ähnlichen Route wie wir unterwegs. So konnten sie uns vor dem Essen schon ein wenig die Altstadt zeigen und uns Tipps für den nächsten Tag geben. Außerdem war in einem schönen Restaurant ein Tisch für uns reserviert. So wurde es ein netter Abend mit gutem und preiswertem Essen, den wir dann vor der Casa Cultura am zentralen Platz von Santa Clara ausklingen ließen. Hier war an diesem Samstagabend die halbe Stadt unterwegs. Kinder spielten, die Eltern saßen auf den Bänken und quatschen, eine Band ließ Salsa erklingen und die Leute, egal wie alt; tanzten auf der Straße. Nur wenige Touristen waren zu sehen und wir hatten das Glück, ein Stücken echtes Kuba zu erleben.

An nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg, die Altstadt weiter zu erkunden. Besonders war uns von Robert und Susanne der Markt empfohlen worden. Hier war auch am Sonntagmorgen richtig was los und wir ließen uns einfach von der Menschenmenge an den Ständen vorbei treiben. Obst und Gemüse gab es in großen Mengen, toller Qualität und mit viel Auswahl. Leider konnten wir auf der Tour gar nichts damit anfangen 🙁 Nicht einmal ein Messer hatten wir dabei, sonst hätten wir Ananas für unterwegs kaufen können.

Am Nachmittag machten wir uns zu Fuß auf dem Weg zum Che Guevara-Denkmal, für das Santa Clara berühmt ist. Immer wieder passierten uns Kutschen oder Fahrradtaxis, die einfach nicht verstehen konnten, warum wir zu Fuß unterwegs waren. Aber eine freundliche Absage wird hier ohne Probleme akzeptiert :-). Das Denkmal lag etwas außerhalb und wir marschierten zum Teil durch sehr einfache und arme Wohnsiedlungen. Auch wen wir abseits der gängigen Touristenpfade unterwegs waren, hatten wir nie ein unsicheres Gefühl. Die Menschen waren freundlich und distanziert und gingen ihrer Wege.

In der Stadt war die drückende Hitze nicht besonders gut zu ertragen. Am angenehmsten war es auf dem großen Platz, auf dem die Bäume einigen Schatten spendeten. Hier hatten sich auch wieder viele Kubaner eingefunden, um den Sonntagnachmittag bei Musik und mit Freunden zu verbringen. Wir suchten uns auch ein schattiges Plätzen und beobachteten das bunte Treiben um uns herum. Morgen würden wir uns dann in Richtung Trinidad auf den Weg machen und die große, laute Stadt hinter uns lassen. Wir freuten uns alle schon auf etwas mehr Natur und etwas weniger Lärm und Gestank 🙂

Reisevorbereitungen

Für unsere Zeit in Kuba hatte sich Besuch angesagt: Meine Mutter würde am Freitagabend aus Köln zu uns kommen. Zusammen wollten wir 12 Tage mit dem Mietwagen das Land erkunden. Die Reiseroute hatten wir im Januar zusammen geplant und schon Unterkünfte auf dem Weg für uns reservieren lassen. Auch der Mietwagen musste nur noch abgeholt werden 🙂

Heute mussten wir aber erst einmal das Boot wieder auf Vordermann bringen. Die ausgelaufene H-Milch und die explodierte Cola beschäftigten mich einen halben Tag lang :-(. Aber ich nutzte auch gleich die Gelegenheit, um die gesamte Pantry zu putzen und die Lebensmittel mal wieder durchzusehen. Es sollte uns doch nach den fast zwei Wochen Landurlaub nichts aus den Schapps entgegengelaufen kommen. Dietmar machte in der Zeit das restliche Boot sauber, verpackte die Segel zum Schutz gegen die Sonnenstrahlen und begann, sich um den kaputten Autopiloten zu kümmern. Am Nachmittag marschierten wir hinüber zur Werft. Ein großer 100-Tonnen-Kran stand unbeschäftigt auf dem gut bewachten, aber doch sonst recht leeren Gelände. Ein Segler hatte uns den Tipp gegeben, dass man hier günstig und gut neues Anti-Fouling bekommen könnte. Nach dem Gespräch mit dem Werftchef entschieden wir uns, unserer CESARINA etwas Wellness zu gönnen. Das letzte Antifouling, das wir in Las Palmas hatten streichen lassen, war leider schon fast vollständig abgewaschen. Am Freitag würde die Dame an Land kommen und während unserer Rundreise ordentlich verschönert werden. Passende Anti-Fouling von HEMPEL war auf der Werft in größeren Mengen vorhanden :-). Das waren ja gute Voraussetzungen, denn in Kuba sollte ja die Beschaffung solcher Dinge mit großen Schwierigkeiten verbunden sein 🙂

So nutzen wir die restliche Zeit, um unsere CESARINA landfein zu machen. Am Donnerstagnachmittag machte auch die FELUKA in Varadero fest. Sie hatten die Nordost-Küste Kubas in kleineren Schritten abgesegelt und hatten schon eine Menge zu erzählen. So saßen wir beim Abendessen im Hafenrestaurant zusammen und hörten die ersten Berichte aus dem Osten des Landes. Das behütete Marinagelände hätte auch überall sonst auf der Welt sein können und wir hatten von Kuba bisher eigentlich nichts gesehen. Einzig die vielen Oldtimer, die hier als Taxis unterwegs sind und die merkwürdige Auswahl an Lebensmitteln im Supermarkt ließen erahnen, dass wir uns im sozialistischen Kuba befanden.

Am Freitagmorgen hatten wir dann unseren Krantermin um acht Uhr. Ralf von der FELUKA hatte sich bereit erklärt, uns zu helfen. Unser Frühstück an diesem Morgen war schon ziemlich eingeschränkt, da ich unseren Kühlschrank auch schon landfein gemacht hatte. Es gab nur eine Tasse Kaffee :-(. Aber nach getaner Arbeit wollten wir in der Bar der Marina frühstücken. Dass Kuba eindeutig zur Karibik gehört und die Uhren einfach anders tickten, wurde uns wieder sehr deutlich bewusst, als wir dann endlich um zehn Uhr in Richtung Werft gerufen wurden. Erst um elf Uhr hingen wir dann im Kran, der von der Größe her ganz wunderbar zur CESARINA passte. Nicht einmal das Vorstag mussten wir abschlagen. Sie passte einfach auch so wunderbar in den Travellift hinein. Nach einer ordentlichen Hochdruckreinigung wurde sie an den Platz gefahren, an dem sie die nächsten zwei Wochen verbringen sollte. Dort wurde sie auf den Kiel abgesenkt und sollte mit Stützen rechts und links abgestützt werden 🙂 Aber das war gar nicht so einfach, denn die gängigen Stützen waren alle deutlich zu kurz. In Varadero werden viele Katamarane und kleinere Boote überholt. Unsere CESARINA fiel wegen dem großen Tiefgang eindeutig aus dem Rahmen. Während auf der Werft fieberhaft nach den passenden Stützen gesucht wurde, machten wir uns auf dem Weg zum wohlverdienten Frühstück. Eigentlich war es mittlerweile schon Zeit zum Mittagessen 🙂

Frisch gestärkt setzten wir uns mit dem Werftchef zusammen und besprachen die Arbeiten, die in unserer Abwesenheit erledigt werden sollten. Er legte uns nahe, vor dem neuen Anstrich die alte Farbe komplett zu entfernen, da sie an verschiedenen Stellen schon schlecht haftete und auch abgeplatzt war. Da die Lohnkosten hier in Kuba sehr gering sind, stimmten wir zu. Die Werft machte einen soliden Eindruck und wir hatten die Hoffnung, dass die Zeit während unserer Abwesenheit sinnvoll genutzt werden würde.

So gingen wir zurück an Bord, um unsere Sachen für die Reise zu holen. Mittlerweile stand unsere CESARINA sicher auf stabilen Stützen. Jetzt fehlte nur noch eine Leiter, um hinauf aufs Deck zu klettern. Doch auf dem gesamten Werftgelände fand sich keine Leiter, die für unser Schiff lang genug war 🙁 Mit dem Stapler wurden wir auf einer Palette hinauf an Deck gehoben. Leitern finde ich schon ziemlich grausam, aber das setzte dem Ganzen wirklich die Krone auf. Schnell packten wir zusammen, was wir in den nächsten zwei Wochen brauchen würden und dann ging es wieder hinunter auf den sicheren Erdboden zurück.

Für meine Mutter, die heute Abend ankommen würde, hatte ich ein Zimmer im Appartementhotel reserviert, da ich Ihr die Unannehmlichkeiten, die das Leben auf einem Schiff an Land mit sich bringt, zum Urlaubsanfang gern ersparen wollte. Jetzt war ich sehr froh, dass ich dieses Zimmer hatte. An der Rezeption versuchte ich, aus einem Zwei-Personen-Appartement ein Drei-Personen-Appartement zu machen. Aber ich war chancenlos. Man legte mir nahe, doch einfach ein weiteres Studio zu buchen. Natürlich nicht zum günstigen Internetpreis, den ich für das erste bezahlt hatte, sondern zum fast dreimal so hohen Vor-Ort-Tarif. Kundenservice bzw. Flexibilität gehört hier nicht gerade zu den großen Stärken der Hotelanlage. Verärgert entschieden wir uns für die illegale Lösung: Unser Studio hatte einen sehr schönen und geschützt gelegenen Balkon mit zwei wunderbaren Liegen und einen Hintereingang ganz in der Nähe unseres Zimmers. So sollte es wohl auch gehen :-). Dietmar verbrachte die Nacht auf dem Balkon eingehüllt in einer Wolke aus „Anti Brumm“ :-).

So war es dann zumindest für mich an der Zeit, das geschützte Resort erstmalig zu verlassen 🙂 Mit dem Taxi ging es zum Flughafen. Die Varadero-Halbinsel ist mit vielen Hotelanlagen zugebaut, da ihre weißen Traumstrände sehr bekannt und beliebt sind. Trotzdem gibt es zwischendurch auch schon erste Eindrücke des „wirklichen“ Kubas zu entdecken. So traf ich auf meinem Weg die ersten Pferdfuhrwerke, sowohl am Straßenrand als auch auf der Straße. Die Straßen waren zum Teil mit abenteuerlichen Schlaglöchern und tiefen Gräben durchzogen. Rechts und links der Straße drängten sich unterschiedlichste „Behausungen“. Von der Wellblechhütte bis zum Plattenbau war alles dabei, was man sich so vorstellen kann, zum Teil sehr gepflegt und auf der anderen Seite wieder völlig heruntergekommen. An jeder Kreuzung standen Leute, die gern mitgenommen werden wollten. Zum Teil winkten sie mit Geldscheinen. Busse sahen wir eine ganze Menge: die schönen, gepflegten Exemplare für die Touristen und die kaputten und alten für die Einheimischen. Und da die Anzahl der vorhandenen Busse wohl nicht ausreichend ist für den Transport der vielen Menschen, die irgendwo hin wollen, gab es weitere Verkehrsmittel in den unterschiedlichsten Formen. Da war vom umgebauten LKW bis hin zum offenen Leiterwagen alles dabei. Bei vielen wäre man auf den ersten Blick nicht auf die Idee gekommen, dass damit Menschen transportiert werden könnten.

Der Weg zum Flughafen dauerte fast eine ganze Stunde und dank der ganzen Verzögerungen, die der Tag so mit sich gebracht hatte, kam ich gerade noch pünktlich an. Zurück in der Marina bezogen wir unser Zimmer und dann gab erst einmal Bescherung. Eine ganze Menge nützlicher und lange erwarteter Dinge zauberte meine Mutter aus ihrem Gepäck :-). Anschließend gingen wir zum Essen zusammen ins Hafenrestaurant. Morgen würde es dann ernst werden. Wir waren schon gespannt, was wir in den nächsten zwölf Tagen alles erleben würden.

 

 

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Eine anstrengende Fahrt geht zu Ende

Die letzte Nacht unserer Überfahrt nach Kuba hatte es nochmal in sich. Schon in der Nacht zuvor hatten wir am Horizont deutliches Wetterleuchten und auch Blitze gesehen, aber ohne irgendwelche direkte Folgen für uns. Das war heute Nacht ganz anders. In geringem Abstand zog ein kräftiges Gewitter hinter uns vorbei und bescherte uns Wind von 30 Knoten und mehr. Mit dem Groß im dritten Reff liefen wir zügig in Richtung Varadero. Leider war der Wind so böig, dass die WINDPILOT ausgekoppelt werden musste und wir das Steuer mal wieder selbst übernehmen musste. Quer laufende Wellen brachten reichlich Seewasser an und über Deck. Recht schnell war Dietmar von den kräftigen Querschlägern ziemlich durchnässt und mehr als erleichtert, als sich das Wetter nach 3 Stunden langsam wieder beruhigte und er das Steuer an mich übergeben konnte. Als wir am nächsten Tag endlich in das Fahrwasser der Marina von Varadero einliefen, waren wir mehr als erleichtert. Auch wenn es „nur“ fünf Tage ohne Autopiloten gewesen waren, wollten wir das sicher nicht wiederholen. Wie so oft im Leben bemerkt man den Wert von Dingen erst dann, wenn sie nicht mehr da sind. Und ein Autopilot gehört zu den wichtigsten Dingen, die es an Bord gibt 🙂

Wie in unserem Revierführer angegeben, versuchten wir die Marina auf Kanal 16 anzurufen. Das funktionierte ganz gut und man stellte uns verschiedene Fragen (wie viele Personen an Bord/Herkunftsland/alle gesund?) bevor wir die Marina erreichten. Der Dockmaster lotste uns an einen Steg in einem neuen und völlig leeren Hafenbecken. Hier konnten wir bequem längsseits gehen und harrten nun der Dinge, die da kommen würden. Auch von Kuba hatten wir schon ganz wilde Geschichten gehört, wie zum Beispiel über die Einfuhr von Milch- oder Fleischprodukten. So hatte ich meine sorgsam behüteten Butter, Käse und Wurstvorräte sicherheitshalber für die Zeit der Kontrolle im Backofen untergebracht. Sicher ist sicher. Wer weiß, wann es das nächste Mal italienische Salami geben würde 🙂

Zur Kontrolle kamen eine junge Dame und ein junger Mann an Bord. Während die Dame (in einem beeindruckend kurzen Mini und mit Netzstrümpfen) mit unseren Pässen verschwand, stellte uns der junge Mann einige Fragen zu den Lebensmitteln an Bord. Wie sich herausstellte, hätte ich meine Vorräte völlig entspannt im Kühlschrank lassen können 🙂 Nach einer halben Stunde hatten wir unsere Touristenvisa in den Pässen liegen und auch für das Boot waren alle Formalitäten erledigt. Der Dockmaster wies uns noch einen anderen Liegeplatz zu, denn in der Marina werden die Boote „mediterran“ (römisch-katholisch) festgemacht und nicht längsseits. Darüber waren wir nicht wirklich begeistert, denn eigentlich waren wir froh endlich angekommen zu sein. Viele andere Boote lagen auch längsseits, warum mussten ausgerechnet wir verlegen? Aber als er uns dann den Marina-Vertrag präsentierte, der für das längsseits Festmachen eine dreimal so hohe Liegeplatzgebühr zeigte, gaben wir uns geschlagen.

Sicherheitshalber hatte der Dockmaster einen weiteren Segler organisiert, der uns mit der Mooring helfen sollte. In anderen Marinas zieht der Hafenmeister selber aus seinem Dinghi heraus den Festmacher durch die Öse an der Boje. Hier in dieser riesigen Marina war aber für den Hafenmeister kein Dinghi vorgesehen 🙂 Beim zweiten Versuch hatten wir unsere Leine dann endlich irgendwie an der Mooring befestigt, denn die sonst übliche große Öse, war leider nicht vorhanden. Durch den ganzen Bewuchs und Dreck an der Boje war das Manöver eine recht dreckige und schmierige Angelegenheit und ich war froh, als wir endlich fertig waren. Jetzt mussten wir nur noch unsere Gangway klar machen, damit wir auch vom Boot hinunter kamen. Neben uns am Steg lag die norwegische SY VITESSE, die auch bei der ARC mitgesegelt war. So kamen wir schnell ins Gespräch und entschieden uns spontan, abends zusammen essen zu gehen.

Die Marina ist in eine riesige Hotelanlage eingebettet und auch die Segler können einen großen Teil der Anlage mit benutzen. Ausnahme bildet der „All Inklusiv“-Bereich des Hotels, der von einer ganzen Armee von Wachmännern abgegrenzt wird. So hatten wir an diesem Abend verschiedene Restaurants zur Auswahl und entschieden uns für ein Steakhaus. Das Essen war nicht besonders teuer und auch ganz lecker. Nur die arme Bedienung war den ganzen Abend alleine für mehr als 30 Gäste zuständig. So musste man das nächste Bier am besten direkt bestellen, wenn das letzte gerade serviert wurde. Das hatten wir ganz schnell raus 🙂 So hatten wir nach der anstrengenden Überfahrt einen schönen und entspannten ersten Abend in Kuba – sicher und weit entfernt von der wirklichen Welt, die außerhalb des Ressorts auf uns warten würden.

Schlechte Nachrichten

Irgendwie stand unsere Fahrt nach Kuba nicht unter dem günstigsten Stern. Am Samstagvormittag war endgültig klar, dass unsere Hydra (der Autopilot) mit Bordmitteln nicht mehr wiederzubeleben war. Seit Freitagnachmittag versieht unsere Windsteueranlage „Liselotte“ ihren Dienst. Leider wurde in der Nacht der Wind so böig, dass es zu viel für Liselotte wurde und sie den Dienst quittierte. Da war dann der Rest der Crew gefragt. Immer zwei Stunden lang standen wir abwechselnd hinter dem Steuer und fragten uns, wie wir das die nächsten drei bis vier Tage durchhalten sollten. Am Samstagmorgen blies der Wind dann gleichmäßig mit ungefähr fünfzehn Knoten und wir konnten das Ruder dauerhaft an Liselotte abgeben. Unter solchen Bedingungen macht sie wirklich einen sehr guten Job bzw. wir werden noch lernen müssen, wie man alles richtig einstellen muss. So konnten wir wieder zur normalen Bordroutine zurückkehren und den fehlenden Schlaf der letzten Nacht nachholen.

Trotzdem kehrte noch keine wirkliche Ruhe ein. Beim Schaukelkurs der letzten Nacht hatte eine volle Tüte H-Milch den Kühlschank geflutet und in unserem Getränkeschrank war eine 2-Liter-Flasche Cola explodiert 🙁 Da werden wir ordentlich Putzen müssen, wenn wir in Kuba die Marina erreicht haben. Auf See ist ein Ausräumen von Schränken nicht die beste Idee.

In der Nacht zum Sonntag nahm der Wind weiter ab und die See wurde ruhiger. Dietmar und Lieselotte ließen mich fast acht Stunden schlafen :-). Erst um vier Uhr war Wachwechsel angesagt. Da der Wind nur noch mit sechs Knoten wehte, bargen wir die Segel und fuhren unter Maschine weiter. Da konnten wir unsere Windsteueranlage leider nicht mehr zum Steuern benutzen und so stand ich dann wieder hinter dem Rad. Ich war ja ordentlich ausgeschlafen 🙂

Als Dietmar auch ein paar Stunden Schlaf nachgeholt hatte, machte er sich zuerst daran, unsere Windsteueranlage mit dem Pinnenpiloten zu kombinieren. Dieses Duo funktionierte dann auch sehr gut unter Maschine. So konnte ich meinen Platz hinter dem Steuer aufgeben und endlich ein leckeres Frühstück machen. Im Kühlschrank war die Dose mit den „Knack-und-Back“-Brötchen explodiert. Da war es dann schon klar, was es zum Frühstück geben würde. Bei Aufbacken hätte ich dann beinahe die Küche abgefackelt, als das Backpapier blitzschnell in Flammen aufging. Aber außer einem Schrecken, war nicht wirklich was passiert 🙂 und die Brötchen haben auch ohne Backpapier ganz hervorragend geschmeckt.

Der Atlantik war an diesem Morgen so ruhig, dass wir wie in der Marina oder vor Anker ausgiebig im Cockpit frühstücken konnten, ohne gegen herumrutschende Teller oder Tassen kämpfen zu müssen. Das genossen wir auch ausgiebig, denn solche Bedingungen sind selten 🙂

Der restliche Tag verlief ohne weitere Zwischenfälle. Dietmar reparierte die Stromversorgung für den Pinnenpiloten, damit der uns weiter und zuverlässig zu unserem Ziel steuern kann. Am Nachmittag kam dann endlich wieder Wind auf. Unter Segeln genießen wir die Ruhe im Schiff und freuen uns auf eine weitere friedliche und hoffentlich ereignislose Nacht.

Aller guten Dinge sind drei :-(

Abschiede gehören nicht zu unseren Lieblingssituationen. Aber irgendwie gehören sie zum Seglerleben wie Wasser und Wind. Über drei Monate sind wir zusammen mit der SY VIA gesegelt. Mal mit mehr, mal mit weniger Abstand und haben viel tolle Dinge zusammen erlebt. Jetzt werden sich unsere Wege endgültig trennen. Die Drei machen sich langsam bereit, wieder nach Europa zurückzukehren, während wir unsere Reise nach Kuba fortsetzen. Schon zweimal haben wir Abscheid gefeiert: Das erste Mal auf Bequia und dann letzte Woche in Ponce auf Puerto Rico. Heute würde es dann das dritte Mal sein 🙁 Wir genossen zusammen einen lustigen Abend im Restaurant mit Aussicht auf das Meer. Das Essen war wirklich hervorragend und so einen schön gedeckten Tisch werden wir während der nächsten Tage auf See sicherlich nicht zu Gesicht bekommen. Da wird es wohl wie gewohnt wieder einfach zugehen und das Essen wird auch wieder nicht immer freiwillig auf dem Teller liegen bleiben 🙂
Am nächsten Morgen waren wir um acht Uhr startklar, aber der dominikanische Zoll machte uns einen Strich durch die Rechnung. Dafür war aber die Abfertigung schnell und problemlos und auch nicht mit irgendwelchen weiteren Kosten verbunden 🙂 Nachdem wir so viele negative Dinge über die Ein- und Ausreise in die Dominikanische Republik gehört hatten, waren wir wieder einmal angenehm überrascht.
So winkten wir um halb zehn ein letztes Mal zur SY VIA hinüber und machten uns auf den fast 800 Meilen langen Weg. Das erste Stück des Weges legten wir unter Maschine zurück, da der Wind genau in die Bucht von Samana hineinwehte und somit genau von vorn kam. Aber er war noch nicht besonders stark und es hatte sich auch noch keine unangenehme Welle gegenan aufgebaut. Das Kap umrundeten wir dann unter Segeln, hoch am Wind. Das Meer bereitete uns einen sehr sportlichen Einstieg in unseren Törn und unsere CESARINA, die in der letzten Nacht noch einmal eine ausgiebige Regendusche genommen hatte, war wieder überall mit Salzkristallen verziert.
Schnell fanden wir in unsere Bordroutine zurück. Nachdem die Segel einmal auf den Kurs eingestellt waren, war nicht mehr viel zu tun. Das Steuern überließen wir wie meistens unserer Hydra. So blieb viel Zeit zum Lesen, Kreuzworträtsel raten, Angeln und Schlafen. Am frühen Nachmitag hatten wir den ersten Biss. Ein kapitaler Mahi-Mahi hatte sich an unserem Tintenfischköder versucht. Er liefert sich mit Dietmar einen heftigen Kampf, aber irgendwann hatten wir ihn dann doch an Bord. Mit knapp 120 Zentimeter und ca. 15 Kg Gewicht war er uns deutlich zu groß. Somit durfte er wieder zurück ins Wasser. Wir wollten uns ja nicht die ganze nächste Woche von Fisch ernähren und unser Kühlschrank war für die Überfahrt sowieso schon gut gefüllt. Und einfrieren können wir ihn auf der CESARINA leider auch nicht. So gab es heute wie geplant Gulasch zum Abendbrot, während wir in unsere erste Nacht hineinsegelten.
Während der Nacht hielten uns mehrere Squalls in Atem, die uns eingekreist hatten. Am Horizont konnte man gelegentlich Blitze zucken sehen. Wir waren zwar mittendrin und blieben trotzden völlig unbehelligt. Kein Regen, keine gemeinen Windböen und auch kein Blitz oder Donner zog er uns hinweg. So saßen wir beim großen Kino „nur“ in der ersten Reihe 🙂
Der zweite Tag begann gemütlich. Zusammen frühstückten wir im Cockpit. Während Dietmar sich dann wieder an seinen Angelsachen zu schaffen machte, schmökerte ich noch ein bisschen in unseren Kuba-Reiseführern. Nach dem Mittagessen meldete sich dann endlich die Angel mit ihrem typischen rasselnden Geräusch. Wieder hatte ein Mahi-Mahi angebissen. Dieser war von der Größe her für uns Beide optimal und wenig später waren die Filets im Kühlschank verstaut.
Der Wind wehte wie angekündigt mit bis zu 28 Knoten und wir pflügten durch die See. Anscheinend hatten wir die Segelfläche zu groß gewählt und unserem Autopiloten, der Hydra, damit das Leben zu schwer gemacht. Und zwar so schwer, dass diese irgendwann völlig überhitzt den Dienst quittierte. Segeln zu zweit ohne Autopilot ist zwar möglich, aber doch sehr anstrengend. Da mussten wir uns aber etwas einfallen lassen. Während ich den Job der Hydra übernahm, machte sich Dietmar auf Fehlersuche. Leider wurde er heute nicht fündig 🙁 Gut, dass wir noch eine Alternative hatten. Die Windsteueranlage am Heck der CESARINA haben wir dort ja nicht nur zur Zierde angebracht, aber bis zum heutigen Tage hatten wir eher die einfache Lösung mit dem elektrischen Autopiloten gewählt. Manchmal braucht man ja doch den sprichwörtlichen Tritt in den Allerwertesten, um sich mit neuen Dingen auseinander zu setzen.
Während ich hier unten am Navigationstisch den Blog schreibe, macht „Liselotte“ (der Windpilot) oben einen tollen Job. Da sollte jetzt wirklich besser nichts mehr schief gehen.