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Über Dietmar Henke

Dietmar

Ein stürmischer Ritt ins Land der Lobster, in dem Seglerträume wahr werden

Da sind wir nun! Vergangenen Freitag haben wir nach einer durchaus anstrengenden Überfahrt von Nassau/Bahamas nach Maine im Norden der USA, endlich unser Ziel erreicht. Der gut 1300 Seemeilen lange Törn wollte einfach kein Ende nehmen. Die Tropen, mit den für uns ungewohnt hohen Temperaturen, machen auf die Dauer ganz einfach schlapp und träge. Immerhin haben wir uns ja gut sieben Monate in dieser heißen Region aufgehalten. Erschwerend kam auch noch der Umstand hinzu, dass die Zeit der tropischen Stürme in den Tropen bereits begonnen hatte und die allgemeine Wind- und Wettersituation für eine Route Richtung Norden segeltechnisch sowieso nicht ganz trivial ist. Im Klartext heißt das,  dass wir immer mit rauen Bedingungen, Wind von vorn und kräftigen Strömungen rechnen mussten. Wie sich gezeigt hat, sollten wir das volle Programm durchlaufen!

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Schon am Mittwoch, dem zweiten Tag unserer Tour, ging es los. Morgens um 02:45 in einer stockdunklen Nacht passierte genau das, was wir eigentlich immer verhindern wollten. In der Erwartung, dass der Wind auffrischen würde, hatten wir bereits die Segel vor Anbruch der Dunkelheit kräftig gerefft. Wir haben aus den Erfahrungen in der Vergangenheit gelernt und uns angewöhnt, lieber auf Nummer „sicher“ zu gehen, auch  wenn wir dadurch an Geschwindigkeit verlieren. Nichts ist schlimmer, als bei Nacht auf das Vorschiff gehen zu müssen und bei Wind und viel Schräglage am Mast zu arbeiten. Ein Blick auf den Bildschirm des Radars ließ mich erschaudern! Ich musste erkennen, dass wir mitten im Zentrum einer gewaltigen Tiefdruckzelle gefangen waren. In einem Radius von 16 Seemeilen waren überdeutlich die schweren Regen- und Gewitterwolken zu erkennen. Alles war hellgrün auf dem Bildschirm, kein Entkommen möglich. Nach einem schnellen letzten Rundblick übers Deck haben wir den Niedergang geschlossen und gehofft, dass auch diesmal alles gut gehen würde. Kaum hatte ich mich wieder in meinem Sitz in der Navigationsecke verkeilt, fiel auch schon die erste Gewitterböe mit voller Wucht ein. Die Geräusche aus dem Rigg und das Ächzen der Verbände im Rumpf hatte ich vorher so laut noch nie so gehört. Auf der Windanzeige stand die Zahl 48,5 Knoten. Wow! Das entspricht auf der Beaufortskala knapp der Windstärke 10! Ich erinnere mich, dass ich mich ein wenig wie auf einem Schleudersitz gefühlt habe. Wenn ein Schiff von 23 Tonnen nur unter Großsegel im zweiten Reff schlagartig von 7,5 auf 11,5 Knoten beschleunigt wird, dann wachsen einem die Sorgenfalten von ganz allein. Es sind die Momente, in denen man dem Boot vertrauen muss und inständig hofft, dass das Rigg diese wahnsinnigen Kräfte aushält. Man kann nichts mehr machen und ist nur noch Beifahrer.  Wie immer hat unsere CESARINA Ihre Sache aber mit Bravour gemeistert. Mit ihrer typisch stoischen Ruhe und Ausgeglichenheit auf dem Ruder, hat sie Ihren Kurs nicht verlassen und ist dem Wind einfach davongefahren.  Die permanent heftigen Blitze der vielen Gewitter brachten zwar etwas Licht in die Dunkelheit der Nacht, aber dem Wohlbefinden unter Deck waren sie eher weniger zuträglich.

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Um sieben Uhr morgens hatte sich die Situation immer noch nicht beruhigt. Ständige Böen von 45 Knoten (Windstärke 9) waren auch nach Tagesanbruch unsere Begleiter. Auch nach gut 4 Stunden Sturmfahrt war es uns beim besten Willen nicht möglich, sich an die Situation und Geräusche zu gewöhnen. Die Ausläufer des „Tropical Storm“ mit dem Namen „Colin“ leisteten wirklich ganze Arbeit. Gegen halb acht kam dann Stufe zwei. Starkregen mit der Heftigkeit einer zumindest für uns neuen Dimension. Der Regen war so stark, dass durch den kleinen Spalt zwischen Mast und Deck ca. 40 Liter in die Bilge gelaufen sind. Die Sicht war teilweise unter 30 Meter. Auf dem Radar war wegen der Störungen nicht mehr zu erkennen, ob sich andere Schiffe in der Nähe aufgehalten haben oder nicht. Das war schon eine sehr unangenehme Sache, da wir praktisch im Blindflug unterwegs waren.

Irgendwann war der Sturm dann aber  vorüber und wir beide ziemlich geschafft. Eine Kontrolle an Deck hat dann ergeben, dass nicht ein einziges Teil zu Bruch gegangen war.  Überhaupt hatten wir mal wieder viel Glück, weil alles gut gegangen war. Wir haben uns bei unserer CESARINA für den guten Job bedankt und wieder einmal war ich ein Stück mehr glücklich, dass wir ein so genial seetüchtiges und stabiles Schiff segeln dürfen.

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Nach dieser Erfahrung, die wohl keinem Segler auf solch einer Reise erspart bleibt, hatten wir erst einmal das Bedürfnis nach einer Ruhepause. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, den nächsten Hafen anzulaufen. Am Samstag, den 11.Juni, haben wir dann die Little Creek Marina in Norfolk/Virginia erreicht. Wie so oft schon in der Vergangenheit, kamen wir schnell mit den Menschen über unsere CESARINA in Kontakt und hatten eine schöne und entspannende Zeit dort. Am nächsten Morgen hatten Lynn und Dick, die direkt an der Marina leben, eine nette Überraschung für uns parat. Zum Frühstück haben die beiden uns Erdbeeren und Blaubeeren ans Schiff gebracht. Einfach so. 🙂  Am Abend haben wir dann an Bord gemeinsam einen schönen Abend mit interessanten Gesprächen verbracht. Im Allgemeinen haben wir hier das Gefühl gehabt, herzlich willkommen zu sein. Die Mentalität der Menschen ist so absolut konträr zu vielen Teilen der Bahamas. Eben viel persönlicher und offener als tiefer im Süden, wo scheinbar eher das Portemonnaie im Vordergrund steht.

Die letzten 600 Seemeilen nach Maine haben wir dann in den nächsten Tagen leider meist unter Motor zurücklegen müssen. Der Wind war einfach zu schwach oder er kam eben von vorn. Es war sehr auffällig, dass die Temperaturen mit fortschreitender Reisedauer immer weiter in den Keller gegangen sind. In der Nacht war es ohne Mütze, Pulli und Socken an den Füßen an Deck nicht mehr auszuhalten. Später mussten wir sogar tagsüber dicke Socken anziehen. Maine liegt ja hoch im Norden der USA und die Wassertemperaturen liegen hier bei kuscheligen 11 Grad. Da hatte sogar ich keine Lust mehr an Deck zu duschen:-) Kein Wunder, denn wir hatten ja noch vor wenigen Tagen 29 Grad warmes Wasser 🙂

Am Freitag den 17. Juni haben wir dann endlich Southwest Harbor erreicht und an einer Boje der HINCKLEY Werft festgemacht. Wir hatten das Glück, unterwegs einige Wale und viele Seehunde zu sehen. Die Burschen haben wahrscheinlich die Hummerfallen ausgeräubert. Maine ist der US Bundesstaat der Lobster. Tausende von Bojen mit Hummerkörben auf dem Grund sind hier ausgelegt, sogar mitten im Fahrwasser. Ständig mussten wir Slalom fahren, um keine der Leinen in den Propeller zu bekommen. Die Landschaft ist unglaublich schön und hat eine große Ähnlichkeit mit Schweden. Natur pur und wunderbar grün! Nach unserer Zeit in den Tropen war es das absolute Kontrastprogramm zu den letzten 7 Monaten.

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Hier bei HINCKLEY werden mit die schönsten und hochwertigsten Segelyachten der USA gebaut. Eine Traditionswerft mit einer weltweit hohen Reputation unter Seglern. Die Menschen sind außergewöhnlich freundlich und bodenständig. Die Werft wurde uns von Freunden wärmstens empfohlen, die selber eine bekannte Werft in Deutschland betreiben. Hier wollen wir unserer CESARINA unter anderem eine neue Lackierung nach dem Crash in Kuba zukommen lassen. Das Teakdeck soll ebenfalls überarbeitet werden und der Motor braucht auch dringend einen größeren Service. Die Werftzeit wollen wir nutzen, um einen längeren Heimaturlaub in Deutschland zu machen. Katja ist bereits gestern geflogen und mein Flieger geht am kommenden Montag. Bis dahin werde ich mich noch um unsere CESARINA kümmern und alle anfallenden Arbeiten mit den Mitarbeitern vor Ort besprechen. Unsere CESARIANA hat es sich redlich verdient 🙂

Eine Kumpeltour oder Piraten stechen in See

Pünktlich wie die Maurer um 21.45 stand mein alter Freund Maik mit seiner roten Reisetasche vor der Gangway unserer CESARINA. Nach einem großen „Hallo“ ließen wir den Abend im Cockpit bei einem Bier ausklingen. Zuvor hatte er schnell die lange Hose gegen eine kurze getauscht und die Schuhe bis zum Ende der Reise in unserer Quarantänebox an Deck deponiert. Bei der Wärme genügen Flip-Flops schließlich voll und ganz. Da Maik die letzten 24 Stunden quer durch USA geflogen war, um hierher zu kommen, war er natürlich endfertig und reif für Koje.

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Für den nächsten Tag stand der erste kurze Törn zum Eingewöhnen nach Iles Le Saints an. Maik und seine Frau Sabine gehen in Kalifornien schon seit fast einem Jahr auf eine Abendschule, um dort ihre Segelscheine zu machen. Schon nach den ersten Meilen war deutlich zu erkennen, dass es nicht seine erste Reise auf einem Segler war. So ließ ich ihn auch die fast komplette Strecke von 24 Seemeilen die CESARINA steuern und er hatte scheinbar eine sehr große Freude an seinem Job. Trotz oder wegen ihrer Größe ist es manchmal gar nicht so einfach, dabei alles richtig zu machen. Alle Manöver klappten gut und das Vertrauen in meinen Co-Skipper wuchs. Schließlich habe ich das Steuer von meinem Liebling bisher kaum aus der Hand gegeben. Am Ende fanden wir einen genialen Ankerplatz und ließen den aufregenden Tag Revue passieren, bevor wir spät in der Nacht in den Kojen verschwanden. So etwas nennt man einen gelungenen Start.

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Am nächsten Morgen ging es mit dem Dinghy an den Strand von Bourg des Saintes, weil wir uns auf der Insel gern einmal umschauen wollten. Der Ausflug dauerte gut und gern fünf Stunden. Wir wanderten an die Westspitze von Le Saints und hatten das Gefühl, dass die Insel von freilaufenden Ziegen und Hunden bevölkert ist. Auf der Wasserseite beherrschen unzählig viele Pelikane die Buchten und jagen in recht spektakulären Sturzflügen nach Fischen. Zum Schluss ging es dann noch den recht steilen und langen Weg hinauf zur Festung „Fort Napoleon“. Gott sei Dank wird wohl kaum einer der Kreuzfahrer dort zu Fuß hinauflaufen. Somit hatten wir viel Zeit und Ruhe den herrlichen Ausblick über die Insel und das Meer zu genießen. Am Ende haben wir dann noch ein paar frische Tomaten und etwas Gemüse eingekauft. Zu meiner großen Freude hatte Maik mir gesteckt, dass er gern kocht und den Job an Bord auch gern übernehmen würde. Sonst hätte es eben die Woche über nur Spiegeleier, Joghurts und Bier aus der Bordküche gegeben J

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Am Montag gingen wir um neun Uhr Anker auf, denn es stand ein Törn an die Westküste von Guadeloupe nach Pigeon Island an. Gegen 13:00 ließen wir den Anker circa eine halbe Meile vor dem Strand von Petit Malendure fallen. Hier steht ganz klar der Tauchsport im Vordergrund. In dem Ort bieten ein Dutzend Tauchcenter Exkursionen zum „Costeau Reef“ an. Es wurde nach dem berühmten französischen Meeresforscher Jack Costeau benannt. Klasse, wenn die Menschen immer mehr begreifen, dass es wesentlich nachhaltiger ist, mit der Schönheit der Natur den Lebensunterhalt zu verdienen anstaat auch noch den letzten Fisch zu fangen und die Riffe zu zerstören. So buchten auch wir einen Tauchgang für den nächsten Tag. Maik ist ein sehr guter Taucher und wir beide waren sehr überrascht von der Schönheit der Unterwasserwelt in dem warmen und kristallklaren Wasser. Unzählig viele verschiedene Korallenarten und bunte Tropenfische ließen den Tauchgang zu einem eindrucksvollen Erlebnis werden. Leider sind die Bilder mit meinem neuen Weitwinkelobjektiv nicht so gut geworden, da ich leider vergessen hatte die Luft aus dem Hohlraum des Kameragehäuses und der Linse entweichen zu lassen. Passiert mir auch nicht wieder.

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Aber das war nicht der einzige Höhepunkt des Tages. Wir hatten beschlossen, über Nacht nach Falmouth Harbour/Antigua zu segeln. Der Wind sollte von Donnerstag bis zum Ende der Woche auf Nord drehen und dann hätten wir es schwer gehabt, bis Samstag nach Antigua zu kommen, damit Maik seinen Flieger erreichen kann. Der Wetterbericht sagte sehr schwache Winde voraus und somit rechneten wir mit einer Reisedauer von elf bis zwölf Stunden für die Strecke von 55 Seemeilen. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit gingen wir Anker auf und setzten die Segel. Gut, dass wir zuvor immer wieder diese Manöver geübt hatten, denn bei Nacht sollte jeder Handgriff sitzen. Maik steuerte die CESARINA aus der Bucht heraus und ging dann auf Kurs Nord. Eindrucksvoller als in dieser Nacht hätte eine Nachtfahrt für einen Segelnovizen kaum sein können. Der Sternenhimmel war überwältigend und die CESARINA glitt sanft durch das Wasser. Da man ja nicht viel sieht, werden die Ohren plötzlich zu Augen und sprechen die Sinne ganz anders an. Der Wind frischte immer mehr auf und aus den geplanten 5 Knoten Reisegeschwindigkeit wurden dann 7,5 bis 8,5 Knoten Speed. Es ist für mich immer wieder ein großartiges Gefühl zu spüren, wieviel Sicherheit und Kraft unsere CESARINA vermittelt. Scheinbar ging es Maik ähnlich, denn er konnte einfach keine Ruhe finden. Das Vertrauen in ihn ließ mich derweil völlig entspannt für eine Stunde in der Koje tief und fest schlafen. Mit anderen Worten, er hatte seine Probezeit bestanden J

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Der unerwartet hohe Speed hatte zur Folge, dass wir schon um halb drei Uhr Nachts vor der Einfahrt von Falmouth Harbour standen. Das Handbuch warnt ausdrücklich davor in die Bucht bei Nacht einzulaufen. Untiefen und unbeleuchtete Objekte bedeuten ja auch ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Wäre ich nicht schon einmal hier gewesen, hätte ich die Passage auch nicht gemacht. Nach kurzer Zeit lagen wir aber sicher vor Anker und wir konnten dann auch bald beruhigt schlagen gehen.

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Am Donnerstag nahmen wir nach dann den Lokal-Bus nach St. John und machten einen Rundgang durch die Stadt. Das örtliche Museum besuchten wir auch. Ganz besonders die traurige Geschichte der Sklaverei ging uns beiden ans Gemüt. Wie grausam die Menschen doch sein können. Wenn ich dann an die aktuelle Situation in Deutschland denke, wo die vielen abgrundtief unmenschlichen Posts über Flüchtlinge bei Facebook und Konsorten erscheinen, schäme ich mich ganz besonders. An dem Nachmittag habe ich mir gewünscht, dass sich genau die Kameraden doch einmal hier vor Ort ein Bild machen sollten, wie gut es uns in Deutschland geht. Aber ich fürchte, das wäre „in den Wind gesprochen“.

Am Freitag segelten wir dann in Richtung Jolly Harbour und ließen den Anker in der Deep Bay fallen. Ich wusste, dass die SY LONI 3 mit Eckhard und seiner Frau Loni auch hier sein würde. Wir sind damals zusammen über die Biskaya gesegelt und haben seitdem immer Kontakt gehalten.

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Wegen unseres Tiefgangs von 2,60m hatten wir lieber einen Ankerplatz im tieferen Wasser gewählt und ich war ein paar hundert Meter durch die Bucht zum Ankerplatz der LONI 3 geschwommen. Zur Begrüßung hatte Eckhard einen Sundowner kreiert, der es in sich hatte. Nach weiteren 3 Stunden war ich immer noch betrunken. Selbst nach der Schwimmerei zurück an Bord war mir immer noch schwindelig. Wenn Eckhard was macht, dann macht er es wirklich gründlich. Am nächsten Tag habe ich erfahren, dass 80%-tiger Rum mit im Spiel war J Cheers!

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Die Woche ging schnell vorüber und am Samstag gegen halb eins saß Maik dann auch schon im Taxi zum Flughafen. Wir hatten eine gute Woche und er konnte zumindest mal für ein paar Tage etwas Sonne tanken und seine Firma zumindest zeitweise vergessen. Nur rein zum „Selbstschutz“ würde ich am liebsten die Smartphones von unseren Gästen, die zur Erholung hier an Bord kommen, in den Tresor schließen oder die Emailfunktion außer Betrieb setzen.

Jedenfalls freue ich mich schon sehr auf meinen Tauchgang am Montagvormittag mit „INDIGO Divers“ und auf die Rückkehr von Katja am Montagnachmittag J

 

Männerzeit – Technik und jede Menge TLC

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Katja ist ja nun schon seit knapp zwei Wochen in Deutschland und verbringt dort die Zeit mit ihrer Familie, Freunden und Pferden. Bevor sie abgeflogen ist, hat sie mir eine recht ordentliche Liste mit teilweise recht kniffeligen „Hausaufgaben“ übergeben, damit es dem Mann an Bord in der Marina Bas-Du-Fort ja nicht langweilig wird. Nach den knapp 2 Jahren Reisezeit zusammen mit ihrem zeitweise anstrengenden Ehemann wurde es auch einmal wieder Zeit, den Anspruch an unsere Reise neu zu definieren und sich danach passend neu auszurichten. Der Freude und der Lust auf neue Ziele und Abendteuer tut das keinesfalls einen Abbruch, sondern steigert eher noch das Verlangen. Mit den Aussichten ändern sich ja schließlich auch die Ansichten und Sichtweisen auf das gesamte Geschehen rings herum. Jedenfalls freuen wir uns schon auf den 8. Februar 2016, wenn ich Katja in Antigua wieder an Bord habe und Ihr dann die vielen neuen Errungenschaften und Verbesserungen an unserer CESARINA präsentieren werde. Außerdem feiern wir dann am 22. Februar unser 15. jähriges Zusammensein. Hab sie immer noch so lieb wie am ersten Tag 🙂

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Eigentlich hatte ich mich mit meinem alten Kumpel Martin für eine Woche Segeln und Tauchen verabredet. Die Freude darauf war beiderseitig groß bis zu seinem Anruf. Gesundheitliche Probleme ließen unsere Pläne wie eine Seifenblase platzen und die Enttäuschung war ganz besonders auf Martins Seite sehr groß. Allein wollte ich auch nicht segeln, weil mir das Schiff bei den Anlegemanövern einfach zu groß ist. Und es zu riskieren, meine geliebte CESARINA zu beschädigen, kommt für mich nicht in Frage. Somit hatte ich wieder Zeit für meine lange Liste an Aufgaben.

Eine gute Gelegenheit für mich, meiner langjährigen und auf Dauer auch ruinösen Lieblingsbeschäftigung zu frönen. Die zahlreichen Yachtausrüster verführen einen ja schon direkt sich eingehend mit den angebotenen Leckereien zu befassen und bereits schon beim Aufrüsten des Einkaufwagens eine Argumentationsmatrix für die Notwendigkeit der Produkte gegenüber der Chefin zurecht zu legen. Darin bin ich aber geübt und kann das auch schon ziemlich gut 🙂 Nur als ich den kompletten Bestand an „Altura“-Lack aus dem Regal geräumt habe und dem Verkäufer auf den Tresen gestellt habe, fragte ich mich schon selber, ob ich es vielleicht nicht wieder einmal etwas übertrieben hatte. War ich doch aber auch sofort im Gespräch mit anderen Yachties, die sich wohl gewundert haben, wo ich das alles lassen bzw. verarbeiten will. Im allgemeinen ist die Anerkennung und Wertschätzung unter Bootsbesitzern doch recht groß, wenn sich jemand an das Lackieren von Holzaufbauten heranmacht. Der Geruch von frischem Lack ist anziehend und der Glanz auf den edlen Hölzern einfach nur schön. So ist das, wenn man einen echten Klassiker hat. Viel Arbeit, viel Freude und viel TLC (Abkürzung von „Tender Loving Care“).

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Nach drei Tagen hatte ich circa 30 Blatt Schleifpapier verbraucht, 6 Pinsel aufgearbeitet und 3 Liter „high brilliant varnish“ gestrichen. Das Cockpit, das Deckshaus, die Decksleisten, den Tisch, die Treppe im Niedergang, die Fenster und die Eingangstüren habe ich zuerst ab- bzw. angeschliffen und dann 2-3 mal mit Hochglanzlack gestrichen. Zuvor hatte ich mit Klebeband den Zugang zum Schiff abgesperrt, damit bloß niemand aus Versehen auf die Flächen treten kann. Teilweise sah es nach dem Schleifen aus, als wenn jemand einen Sack mit Mehl über die CESARINA gekippt hat. Das Ergebnis ist zu einem sehr großen Teil wirklich überzeugend geworden. Es sieht aus, als wenn das Holz unter einer dicken Schicht aus kristallklarem Wasser liegt. Man kann sich teilweise wirklich darin spiegeln. So langsam lerne ich, wie man ein perfektes „Finish“ und perfekte Oberflächen hinbekommt. Ein Jahr weiter und dann werden auch noch die letzten Fehlerstellen ausgebessert sein 🙂 Lackieren ist wirklich alles andere als trivial. Es ist aber sehr befriedigend, wenn das Ergebnis stimmt.

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An den Tagen dazwischen habe ich dann tagsüber einen Lüfter über unserer Koje eingebaut. Der stand bei Katja ganz oben auf der Liste, denn wenn die Luft in der Nacht im Boot steht, wird es recht stickig und heiß. Das heißt, dass die Frau schlecht schläft und am nächsten morgen nicht gut drauf ist. Das ist gar nicht gut für den Mann. Die nächste große Baustelle war unsere Klimaanlage. Wir haben zwei Stück davon an Bord und die für den Salon war leider außer Gefecht. Immer wenn ich einen Blick auf das Gewirr von Rohren, Motoren, Pumpen und Schläuchen, das tief in Inneren verbauten Anlage geworfen haben, habe ich die Klappe auch gleich schnell wieder geschlossen. Zu komplex und verwirrend, um sich damit eingehend zu beschäftigen. Heute war dann der Techniker von der Firma ICEBERG an Bord, um einen Riss in der Verrohrung der Gasversorgung des Kompressors zu löten, die Anlage danach zu evakuieren und mit einem Spezialgas zu befüllen und letztendlich das Gerät in Betrieb zu nehmen. Am Tag zuvor hatte ich das ganze Gerät schon von dem Wasserkreislauf getrennt und ausgebaut. Ebenfalls hatte ich auch schon eine neue Wasserpumpe für den Sekundärkreislauf eingebaut. Ein Sicherung an der Steuerung war noch zu erneuern und nach gut zwei Stunden gemeinsamer Arbeit starteten wir dann das Gerät. Das Ergebnis war überwältigend! Aus den Lüftungsschlitzen im Salon, Bad und Schlafgemach kam kalte Luft! Wäre vor Freude fast aus der Hose gesprungen und der Techniker hatte ebenfalls das ganz große Grinsen im Gesicht. Jetzt habe ich die Anlage auch endlich verstanden und habe sie anschließend wieder ordentlich verkabelt und verschraubt. So kann das gerne weitergehen!

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Zur Feier des Tages habe ich dann mit Martins telefonischer Hilfe auch noch einen Lautsprecher für unser UKW Funkgerät eingebaut. Jetzt können wir endlich auch im Cockpit wichtige Meldungen verfolgen und müssen nicht immer unter Deck an das Funkgerät gehen. Neben vielen anderen Arbeiten am Schiff in nahezu allen Bereichen ist die Liste fast abgearbeitet. Eine große Aufgabe wartet aber noch darauf, erledigt zu werden. Auf Martinique hatten wir mitten am Tag einen Gas-Alarm an Bord. Der Grund dafür waren unsere Batterien, die von einem unserer beiden Ladegeräte mit einer viel zu hohen Spannung geladen wurden. 27,6 Volt ist die absolut höchste Spannung die unsere Batterien vertragen. Bei den angezeigten 32 Volt fangen die Batterien an zu gasen und gehen in kürzester Zeit kaputt, wenn sie dann ausgetrocknet sind. Gott sei Dank hatten wir das noch rechtzeitig bemerkt. Das VICTRON Ladegerät ist also hin! Morgen wird endlich das neue Gerät angeliefert, dass ich vor 10 Tagen bei Solarshop in Aiblingen/ Bayern bestellt habe. Doppelte Leistung, Hochfrequenztechnologie und das bei gleichen Abmessungen wie das alte Gerät. Herr Lardy ist dort der Geschäftsführer und hat sich wirklich mächtig ins Zeug gelegt, dass alle Hürden wie Zoll und Versand genommen wurden. Dieses werde ich dann selber einbauen und darauf freue ich mich schon riesig. Jeden Tag lernt man ja dazu und das allein schon hält mich zumindest bei Laune und in Schwung:-) Ich bin gespannt, was Katja wohl zu allem sagen wird….

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Das Abendprogramm war aber genauso klasse und abwechslungsreich wie auch schon der gesamte Tag. Frank von der SY JUCUNDA, der mit seinem Bruder Stefan und unser aller Segelfreund Kai einem Tag vor Katjas Abflug ebenfalls hier angekommen war, hatte vor, seinem Schiff hier einen neuen Unterwasseranstrich zu gönnen.  Es hat richtig Spaß gemacht, das Schiff zusammen zum Bootslift zu fahren und es dort an Land zu stellen. Abends sind wir meist zusammen unterwegs gewesen und hatten wirklich viel Spaß miteinander. Vor ein paar Tagen haben mich dann Peter und Petra von der SY MERIDIAN mit zum einkaufen genommen und Abends waren wir dann gemeinsam zum Essen verabredet. Gestern habe ich Regina und Matthias von der SY JASINA kennengelernt. Die beiden kommen aus Lübeck und Hamburg segeln auf ihrer ETAP 32 bereits schon seit 3 Jahren durch die Weltgeschichte Ein weiterer schöner Abend mit lieben Menschen und sehr interessanten sowie gehaltvollen Gesprächen. Die letzten Tage habe ich mich wieder einmal sehr wohl und gut aufgehoben gefühlt. Es ist nun einmal einfach so, dass ich diese Gemeinschaft brauche und es sehr schön ist, sich mit anderen Menschen auszutauschen und Zeit zu verbringen.

Am Freitag wird mein alter Freund Maik aus Los Angelos hier landen. Wir haben schon vor 31 Jahren zusammen in der selben Firma den Beruf des Glasapparatebauers gelernt.  Maik ist kurz darauf nach Amerika ausgewandert und hat seine Firma „Glaswerk“ gegründet, die er bis heute erfolgreich führt. Wir haben nie den Kontakt verloren und ich freue mich wirklich sehr auf unsere gemeinsame Zeit hier an Bord.  Am Samstag legen wir hier ab und werden eine Woche Segeln, Tauchen und viel Spaß zusammen haben. Wir verstehen uns fast wie Brüder und ich bin sehr froh, dass ich Maik vielleicht noch etwas über das Segeln beibringen kann. Was kann es Besseres als eine Tour unter Freunden geben? Werde mich zumindest bemühen, dass wir eine tolle Zeit haben. Alles andere ergibt sich!

 

Herzlichen Glückwunsch, Frau Henke……..!

„Herzlichen Glückwunsch, Frau Henke!
Ab heute sind Sie mit einem Lackierpinsel verheiratet“

Das waren die Worte von unseren englischen Segelfreunden David und Ann, als sie vom Kauf der CESARINA erfahren haben. David segelt schon sein ganzes Leben und hat über die letzten Jahre hinweg die Mitarbeiter des Yachtservice in Angra/Terceira bei den scheinbar endlosen Lackierarbeiten an der CESARINA beobachten können. Genau aber das habe ich mir ja gewünscht. Ein neues Projekt und einen neuen Vollzeitjob mit einem „meditativem“ Nebeneffekt. Solch einen Klassiker kann man nicht einfach so kaufen und dann die Füße hochlegen. Schiffe dieser Art muss man sich erarbeiten, um sie irgendwann einmal zu besitzen. Dafür bekommt man aber auch etwas, was einen ganz besonderen Charme hat und der Seele gut tut.

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Gute 6 Wochen nachdem wir sie von den Azoren abgeholt haben, können wir voller Stolz behaupten, dass wir alles ganz gut hinbekommen haben. In gut 4 Wochen werden wir wie geplant den Atlantik überqueren und in die Karibik segeln können.

Interessant war es zu beobachten, was für einen Einfluss dieses Boot auf die eigene Persönlichkeit hat. Das Arbeitspensum und die Menge der zu erledigenden Arbeiten war schon sehr groß. Außerdem gab es zusätzlich noch so einige Überraschungen, die früher leicht ausgereicht hätten, mich wie ein HB-Männchen durch die Decke gehen zu lassen. Es waren ganz besondere Momente, als Brian, der Chef der Tischlerei, zu uns kam und sagte „I have bad news for you“ und dabei so einen speziellen Gesichtsausdruck bekam.

Als erstes teilte er mir mit, dass das Teakdeck fällig zur Überarbeitung sei. Nach seiner groben Schätzung handelt es sich um gut 1000 Meter Dichtungsmasse, die entfernt und neu eingebracht werden muss.  Eine Arbeit, die 4 Handwerker einen Monat lang beschäftigen würde. Naja, was soll es, dachte ich mir nur und habe begonnen, mir die erforderlichen Werkzeuge für diesen Job zu bestellen. Denn ich freue mich jetzt schon auf den Moment, wenn ich damit fertig bin und unsere CESARINA wieder ein Stück perfekter wird. Das Problem ist damit zwar noch nicht gelöst, aber durch diese Sichtweise bleibe ich entspannt und fühle mich ziemlich wohl.

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Ein paar Tage später dann wieder einmal ein „I have bad news for you“. Bei einer weiteren Untersuchung der Aufbauten hat einer der Tischler festgestellt, dass zwischen GFK und dem Teakaufbau etwas nicht in Ordnung ist. Wasser! Als er dann langsam begann mit dem Stecheisen die Schichten abzutragen, lief das Wasser nur so aus der Isolierung heraus. Wieder machte sich dieses merkwürdige Gefühl in mir breit. Anstatt enttäuscht oder resigniert zu sein, freute ich mich, dass wir so hervorragende Fachleute an Bord haben, die uns bei der Lösung des Problems zur Seite stehen. Die Freude auf ein positives Endergebnis und ein perfekteres Schiff ist größer als das negative Gefühl von Schmerz oder Enttäuschung.  Es ist schön, wenn man Leute an seiner Seite hat, denen man vertraut und die einen unterstützen, wenn es dick kommt.

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Diese Art von Nachrichten waren keine Einzelfälle. Trotzdem haben sie uns nie so richtig die Laune verderben können. Uns war ja von vornherein klar, dass wir uns für ein Schiff entschieden haben, das viel nimmt und in jeglicher Hinsicht regelrecht auch verlangt. Allerdings gibt sie auch sehr viel zurück. Mir zum Beispiel das Gefühl und das Bewusstsein etwas ganz Besonderes mein Eigen nennen zu dürfen. Oder das Gefühl von Zufriedenheit, wenn das Holz nach dem Lackieren wieder anfängt zu leuchten und seine natürliche Schönheit regelrecht auszustrahlen. Wie oft sitze ich einfach nur im Cockpit und genieße den Anblick. Interessanterweise geht es nicht nur mir allein so, sondern auch anderen Menschen, mit denen ich über das Schiff ins Gespräch komme.

Ich freue mich immer, wenn Katja mit leuchten Augen anderen unser Schiff zeigt.  Ebenso vergeht kein Tag, an dem nicht irgendjemand vorbei kommt oder fährt und den Daumen hebt. Das macht mich schon ziemlich froh 🙂

In einem Gästebucheintrag hat ein Freund (und ein ebenso erfolgreicher Geschäftsmann) von uns geschrieben: „Es ist schon spannend zu lesen, dass man auch ohne „Ziele“, Ziele haben kann, die darin bestehen zu leben…. “

Genau das wird mir immer öfter bewusst, wenn ich gerade mal wieder mit der Situation unzufrieden bin, weil Dinge nicht so laufen, wie ich es mir wünsche.  Gerade das Thema „CESARINA“ mit allem drum herum hat uns in dem letzten 4 Monaten so einiges abverlangt. Aber einfach nach vorn zu sehen und zu versuchen, alle Widrigkeiten zu meistern, hat am Ende sehr viel Positives bei mir bewirkt. Ich liebe meine Frau umso mehr für alles, was sie für uns getan hat. Und ich bin meinem inneren Frieden ein Stück weit näher gekommen in der Hinsicht, dass es mir immer besser gelingt, einfach mal die Füße still zu halten.

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Ich möchte einfach weiterhin mit meiner Katja die Schönheit unserer Erde entdecken, und ein schönes Leben führen.  Und das auf unserer CESARINA, die in meinen Augen eines der schönsten Schiffe ist, die ich jemals gesehen habe 🙂

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Zeit, um Bilanz zu ziehen

Unbestritten liegen für uns einige ziemlich ereignisreiche Wochen hinter uns. Alles hätte doch einfach sein können, wäre uns auf den Azoren nicht die CESARINA über den Weg gelaufen. Wir hätten alles so lassen können, wie es war und mit einem zugegebenermaßen in jeder Hinsicht perfekt ausgestattetem Schiff unsere Reise wie geplant fortsetzen können. Stressfrei, sorgenfrei und mit viel Raum und Zeit für weitere Ausflüge, um wie bisher Land und Leute zu kennen zu lernen. Aber alles kam eben anders und vom ersten Tag an hat mich die CESARINA einfach nicht mehr „klar“ denken lassen. Sie hat mich gefangen genommen und seit jenem Tag, habe ich an sie gedacht, wenn ich abends schlafen gegangen bin und dann wieder wenn ich morgens aufgewachte. Jeden Tag! So war es damals auch, als ich Katja kennengelernt habe oder auch als ich eines Tages von dem Wunsch besessen war, ein Unternehmen zu gründen. Vernunft oder irgendwelche allgemeinen Konventionen sind mir seit je her immer schon fremd gewesen und haben sich stets meinen Wunschschlössern und Visionen unterordnen müssen.

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Doch das Abenteuer „CESARINA“ spielte sich irgendwie in einer anderen Dimension ab. Im Gegensatz zu meiner Zeit als Unternehmer, in der ich stets meine Vorstellungen und Visionen umsetzen konnte, weil eine großartige Mannschaft und eine starke Frau hinter mir gestanden hat, stand ich dieses Mal oft ganz allein da. Katja hatte mir doch über zwei Monate fast täglich klar gemacht, dass sie aussteigen würde, wenn ich ernsthaft daran festhalten würde. Sie hatte darauf gebaut, dass sich das Thema mit der Zeit erledigen würde, wenn sich das Fieber wieder gelegt hätte. Pieter, der Voreigner, hatte mir alle Nachteile aufgezählt, die ein solches Schiff mit sich bringen würde. Er sagte so treffend, dass es absolut keinen rationalen Grund gäbe, sich dafür zu entscheiden, sondern einzig und allein nur Liebe und Leidenschaft diesen gewaltigen Aufwand rechtfertigen könnte. Genau das aber war der Fall und so kam es wie es kommen musste. Seit zwei Tagen steht die SUMMER auf Land und wir leben auf unserer CESARINA.

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14 Tage voller Arbeit liegen jetzt hinter uns. Das erste Mal in den letzten drei Monaten ging es mir für eine Zeit lang nicht mehr gut mit unserer Entscheidung. Der Grund dafür war, dass ich gespürt habe, wie sehr Katja unter dem ehrgeizigen Projekt und dem meist von mir verursachtem Stress leidet. Den Satz „ich kann nicht mehr“ hatte ich bisher nur einmal in den letzten 15 Jahren von Ihr gehört. Das ging sogar mir unter die Haut. Das Tempo mit der wir den Umbau der CESARINA vorangetrieben haben, war aber auch nicht von schlechten Eltern. In zwei Monaten das umzusetzen, wofür wir früher 2 Jahre gebraucht haben, kann man ja durchaus auch als „sehr ambitioniert“ betrachten. Nur damals hatten wir eine Firma mit der Ausrüstung der SUMMER beauftragt und heute sind wir selber dabei. Dazu kommt noch der Umstand, dass die SUMMER noch auf einen Käufer wartet. Den lang geplanten Urlaub mit Katjas Mutter auf Madeira hat sie dann obendrein auch noch absagen müssen, weil die Zeit einfach nicht ausgereicht hätte. Das alles war einfach zu viel für sie und mir kamen ernsthafte Zweifel, ob ich es dieses Mal nicht übertrieben hätte. Ich hatte ihr angeboten, den Urlaub auf Madeira mit Ihrer Mutter trotzdem zu machen. Doch allein lassen wollte sie mich auch nicht. So eine Frau und Partnerin muss „Mann“ wohl sehr lange suchen.

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Katjas Mutter wird uns jetzt also in der Karibik besuchen kommen. Da macht das Tauchen und Schwimmen bestimmt genauso viel Spaß. Katja hat unsere CESARINA bereits sehr wohnlich und schön eingerichtet und wir freuen uns schon sehr auf die kommenden und sicherlich spannenden Wochen und ferne Länder.

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Mein Traum ist zu unserem Traum geworden! Was kann es Schöneres geben? Wir sind guter Dinge, für unsere SUMMER einen neuen und hoffentlich glücklichen Eigner zu finden. Überhaupt ist das gute Gefühl wieder an Bord, alles richtig gemacht zu haben. Auch kann ich nicht verleugnen, sehr stolz zu sein, dass wir mit einem solchen Juwel der Schiffsbaukunst unsere Reise fortsetzen dürfen. Fast täglich kommen wir mit anderen Menschen ins Gepräch, die unsere „Vision“ für sich selber als Anlass nehmen, an der Umsetzung ihrer eigenen Träume zu arbeiten. Das muss nicht unbedingt ein Schiff sein 🙂 Einfach nur das Bewusstsein zu haben, dass es sehr lohnend sein kann, wenn man sich traut, einen Schritt ins Ungewisse zu machen 🙂 Auf sein Gefühl zu hören und etwas zu wagen! Es lohnt sich immer 🙂

Immer auf die Nase – oder das weibliche Diktat

Soeben habe ich einen Anruf von meiner Frau erhalten, die gerade angefüllt mit Glücksseeligkeit ein sehr schönes Wochenende in Aachen bei der Europameisterschaft der europäischen Dressurreiterelite mit Ihrer Mutter und anderen Enthusiasten verbracht hat. Die Kehrseite der Medaille ist (zumindest für mich), dass wohl so einige über die sehr mangelhafte Pflege unserer Webseite meinerseits geklagt haben. Katja hat darin über die letzten 14 Monate eine kontinuierlich hohe Leistung und Lieferbereitschaft zu den Ereignissen unserer Reise in schriftlicher und bildhafter Darstellung an den Tag gelegt. Fast 100.000 Aufrufe unserer Seite zeigen mir, dass zumindest ein reges Interesse vorhanden sein muss. Hut ab liebe Frau zu Deinem großen Engagement! Der unmissverständlichen Aufforderung auch einmal wieder etwas beizutragen, komme ich selbstverständlich „gerne“ nach denn ich möchte meine Frau doch gern in einer guten Stimmungslage wieder am kommenden Dienstag an Bord in Empfang nehmen 🙂 Nach dem starken vorletzten Wochenende mit dem „Grand Prix von Porto“ auf dem Douro hat sich ja nicht mehr allzu viel ereignet. Am vergangenen Sonntag und Montag waren Louis und Annick von der französischen SY TAMARIN zu Gast an Bord. Unsere seit vielen Monaten andauernde Freundschaft unter Seglern hat bis heute gehalten. Wir haben und auf Gomera, Teneriffa, Terceira und jetzt wieder in Porto getroffen und hatten bei einem gemeinsamen Segeltörn hier wieder viel Spaß zusammen. Ist ja auch klar, dass man sich immer wieder Neuigkeiten zu erzählen hat wenn man ständig auf Achse unterwegs ist.

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Nachdem ich denn in den letzten Tagen unsere SUMMER in einen nahezu „klinisch reinen“ Zustand versetzt habe und das erste mal selber nichts mehr auszusetzen hatte, musste ich mir etwas einfallen lassen die Tage zu füllen und meine gute Laune zu aufrecht zu erhalten. Seit gut 2 Wochen habe ich nach vielen Jahren wieder damit begonnen, jeden zweiten Tag vor dem Frühstück meine Sportschuhe zu greifen und zu Laufen zu gehen. Die ersten 5 Minuten sind etwas anstrengend aber wenn man erst einmal auf Betriebstemperatur ist macht es echt Spaß. Danach fühle ich mich gut und das Frühstück schmeckt einfach besser. Die Tage dazwischen mache ich 100 Kniebeugen und auch das macht Laune. Möchte gar nicht an die Gesichter der Liegeplatznachbarn denken, wenn die Summer immer anfängt dabei ganz leicht zu schaukeln 🙂

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Gestern habe ich mir einmal einen besonderen Spaß gegönnt. Für einen Ausflug ins Dourotal, wo die Trauben für den genialen Portwein wachsen, habe ich mir einen Scooter ausgeliehen! Früher hätte ich mich was geschämt, mit so einem Teil durch die Gegend zu fahren. Schließlich war ich immer leidenschaftlich und auch meist sehr schnell mit meiner „Yoshimura Hayabusa“ und ihren 200 PS am Hinterrad unterwegs. Nun denn, mit 15 PS geht es ja auch ganz gut und es hat sogar Spaß gemacht. (bitte nicht weitererzählen 🙂 )

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Auf dem Weg durch Porto habe ich mir zur Stärkung noch ein leckeres Schinkenbrot mit Käse  und zum Nachtisch noch ein Art portugiesischen Spritzkuchen zwischen die Kiemen geschoben. Dann ging es los aus der Stadt heraus und dann immer „gemächlich“ am Douro entlang. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie schnell sich 80 Km/h auf so einem Teil anfühlen

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Nach einer relativ kurzen Eingewöhnungsphase fühlte ich mich dann auch schon ziemlich sicher und entspannt. Die Zeit verging und irgendwann fand ich, dass es jetzt Zeit wäre die Kiste noch einmal aufzutanken bevor es in die richtige Wildnis hinaus ging. Es waren eh nur noch wenige Häuser und noch viel weniger Tankstellen zu sehen. Die nächste Zapfsäule war also meine.

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Es gab nur ein kleines Problem….. Auch nach 15 Minuten ist es mir beim besten Willen nicht gelungen den Tankverschluss zu öffnen. Der Verleiher hat es mir ja noch extra gezeigt und es sollte doch kein Problem sein einen Knopf zu drücken, der dann die Entriegelung vom Tankdeckel freigibt. Es ging nicht und auch nach langem Treten, Schlagen auf sämtliche Verkleidungsteile und allerlei lauten Flüchen ging das Ding einfach nicht auf! Also beschloss ich wieder zurück zu fahren und dem Mann ein paar Takte zu flüstern. Mit einer gehörigen Portion Frust im Bauch musste der Roller dann etwas leiden. Jedenfalls hat uns kein Auto und auch kein Motorrad mehr überholt. Irgendwie hat es sogar Spaß gemacht mit dem Ding zu heizen so schnell es mir möglich war :- Zurück beim Verleih habe ich dann der wirklich netten (und auch hübschen) Mitarbeiterin mit leicht gebremsten Schaum von meinem Frust berichtet. Bevor ich angekommen war hatte ich natürlich noch einmal alles versucht, um die Klappe auf zu bekommen. Ich wollte ja nicht als Trottel dastehen. Natürlich kam es so wie es kommen musste. Sie drückte den Knopf und das Ding ging auf. Ich habe gedacht ich träume! Wie das? Die Lösung war ganz einfach. Man musste nur kräftig genug drücken….. Voller Schamesröte im Gesicht, habe ich Ihr dann noch ein Bild von meiner Hayabusa gezeigt um zu zeigen, dass ich eigentlich nicht zu blöd bin mit einem richtigen Motorrad zu umzugehen. Sie hat mir zumindest das Gefühl gegeben, dass sie mit mir fühlen kann 🙂 Dann habe ich mich sehr schnell vom Acker gemacht und ihm Boot verkrochen. Das passiert mir nicht noch einmal hoffe ich! Man lernt eben nie aus 🙂 

Das ist mein „Schätzchen“ 🙂  > 300 km/h und auf der Nordschleife erprobt! IMG_0262

Strohwitwer contra Yachtausrüster und Formel 1 auf dem Douro River

Vor genau einer Woche habe ich Katja mit dem Taxi zu Flughafen von Porto gebracht. Ein böser Zahn hatte sich über Nacht mit fiesen Schmerzen bei ihr gemeldet und sie dazu gezwungen, den geplanten Deutschlandbesuch um zwei Wochen nach vorne zu verlegen. Seit dem darf ich mich mal wieder „Strohwitwer wider Willen“ nennen. Wenn das so weitergeht, dann werde ich mir beim nächsten Mal eine „Strohwitwer-Krone“ basteln und jeden Tag damit durch den Hafen marschieren. Dann werden die Leute sagen „Guckt Euch mal den armen Kerl an, dem läuft in jedem zweiten Hafen die Frau von Bord“. Wie ich gehört habe, bekommt man Mitleid ja geschenkt 🙂 Naja, was soll`s! Trotzdem macht alles nur halb soviel Spaß, wenn meine Katja nicht da ist. Meistens jedenfalls 🙂

Der Vorteil ist aber, dass man sich voll und ganz darauf konzentrieren kann, Neues zu entdecken und Bekanntschaften zu pflegen. Wie zum Beispiel die Beziehung zu dem Yachtausrüster „Douro Marina“ hier im Hafen. Auf dem Zettel der zu erledigenden Arbeiten am Schiff standen Dinge wie: Motorservice durchführen, Trimmfäden an den Segeln erneuern, Aufhängung für Autopiloten anfertigen lassen, Deckscheinwerfer erneuern und noch vieles mehr. Mit diesen Dingen habe ich die in all diesen Belangen unwissende „Dame“ hinter dem Schreibtisch in dem Verkaufsraum konfrontiert. Kaugummi-kauend, mit langen Fingernägeln und einem leichten Hauch von Arroganz und fundierter Ahnungslosigkeit sagte sie mir zu, dass ich in den nächsten Tagen eine Email mit den Angeboten der angefragten Arbeiten erhalten würde.

Letztes Jahr hatte ich eine Menge Geld hier gelassen und war mit dem Service Ihres Kollegen wirklich zufrieden. Aber trotz mehrmaliger Nachfrage an verschiedenen Tagen habe ich bis heute keinerlei Infos bekommen. Also habe ich mich schließlich um alles selber gekümmert.

Mit großer Freude und zur Kompensation meines Frustes würde ich gern eine zweite Krone basteln und sie ihr auf ihr ach so schönes Haupt setzen. Wenn ich nur wüsste, was „Umsatzbremse“ auf portugiesisch heißt, dann würde ich es in Leuchtschrift auf den Kronenrand schreiben. Dieser Yachtshop ist somit in meinem persönlichen Ranking auf 47 Rang gefallen von 47 besuchten Geschäften. Das musste mal gesagt werden 🙂

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Am Samstag habe ich mir  Fahrrad im Geschäft nebenan ausgeliehen, um meine müden Knochen zu bewegen und um eine Tour nach Porto zu machen.   Ich hatte mich schon auf dem Weg gewundert, warum die Straßen so voller Menschen waren, konnte mir aber keinen Reim darauf machen. Rein zufällig hielt mich dann mitten in Porto der Chef vom Fahrrad- und Rollerverleih auf der Straße an. Er erzählte mir, dass morgen auf dem Douro River ein Motorbootrennen stattfinden würde und drückte mir ein Programmheft in die Hand. „Grande Premio Portugal – F1 Motonautica“ Cool, Formel 1 auf dem Wasser! Man muss wissen, dass die sechs Meter langen und 390 KG schweren Rennboote aus Carbon und Kevlar in nur vier Sekunden von 0 auf 160 Km/h beschleunigen und gut 240 Km/h schnell sind. Das ist eine sehr ernsthafte Ansage und verspricht Motorsport im Grenzbereich, also genau nach meinem Geschmack.

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Am Sonntag sollte das große Rennen der Königsklasse um 17:15 starten. Gegen 13:30 hatte ich den Drahtesel schon gesattelt und war in Richtung Porto unterwegs. Das Ereignis wollte ich mir keinesfalls entgehen lassen und dafür wollte ich mir einen Platz in der ersten Reihe sichern. So schmorte ich doch tatsächlich die nächsten zweieinhalb Stunden in der Sonne und kettete mich förmlich mit meinem Fahrrad an einem Zaun fest, von dem aus man alles überblicken konnte. Es wurde fleißig trainiert und im Vorprogramm lieferte sich die Renner der Formel 4 Serie schon teilweise heftige Duelle mit Überschlägen und Saltos in der Luft. Auch ein sehr talentierter Kunstflieger hat uns demonstriert, was man mit einem Flieger so alles anstellen kann. Man muss sich nur einmal vorstellen, dass die Gaudi mitten in der Stadt über den Dächern von Porto stattgefunden hat. Irre gut 🙂

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Wenn so ein Boot mit Top-Speed über das Wasser brettert, befinden sich praktisch nur noch Teile der Kufen und die Schraube im Wasser. Der Rest des Bootes befindet sich in der Luft. Problematisch wird es, wenn sich die Linien der Boote kreuzen und das hintere Boot von der Welle des Vordermannes in die Luft befördert wird. Wird der Winkel zu steil, steigt das Boot wie eine Rakete auf und schlägt Saltos in der Luft, bis es irgendwann wieder auf die Oberfläche aufschlägt. Bei den Geschwindigkeiten ist das Wasser hart wie Beton! Ich weiß, wie es ist, mit einem Rennwagen frontal in eine Leitplanke einzuschlagen. Das tut ganz schön weh und erzeugt eine Menge Bruch. Wer schnell sein will, muss eben was riskieren und darf keine Angst haben. Was die Jungs hier gezeigt haben, war spannender Motorsport vom Allerfeinsten auf höchstem Niveau! Klasse!

Hier ist das Video vom Start! Bitte mal schön laut aufdrehen den Lautsprecher und den Sound genießen:-)

Tief befriedigt und maßlos beeindruckt haben die Zuschauer den Piloten bei der Ehrenrunde eine kräftigen Applaus geschenkt. Es war schon eine sehr coole Nummer mit viel Nervenkitzel und keine weichgespülte Sportveranstaltung. Das haben die Leute auch entsprechend honoriert und sich darüber gefreut. Mit so einer Hummel würde ich auch gern einmal ein paar Runden drehen…… 🙂 Mal sehen, was kommt, wenn das Segeln einmal zu langsam werden sollte. Als alter Sack werde ich dort aber ganz sicher keine Krone mehr gewinnen 🙂

 

 

 

Einstimmung auf das 24H-Rennen und ein doppelter Schluck hinter die Binde

Heute war ein guter Tag 🙂 Nach vielen Wochen voller Besuche von Sehenswürdigkeiten und Fotosafaris im Schlepp meiner Frau stand heute die Befriedigung einer meiner vordringlichen Bedürfnisse auf der Tagesordnung. In der Inselhauptstadt Funchal findet alljährlich ein Autorennen mit klassischen Fahrzeugen statt. Die Videos zu diesem Event sahen ganz vielversprechend aus und hatten zumindest meine Neugier geweckt. Seit Monaten versuche ich ja nun schon alles aus den überwiegend extrem untermotorisierten gummibereiften „Gehhilfen“ herauszuholen, ohne aber dabei einen nennenswerten Lustgewinn zu erzielen. Ganz im Gegenteil, das ständige Maulen von meiner gestressten Beifahrerin nur wegen ein paar quietschenden Reifen oder Überholmanövern, geht mit der Zeit ganz schön aufs Gemüt. Das ist aber selbstgewähltes Leid und die schönen Tage unserer Reise sind dafür diese Pein sehr viel mehr als nur ein Ausgleich. Aber irgendwie muss ich mich mindestens mental auf das 24H-Rennen in der nächsten Woche vorbereiten 🙂

Also wollen wir doch mal sehen, was die Madeirer hier so Feines in ihren Garagen versteckt haben 🙂 Gegen 14:30 waren wir dann am Ort des Geschehens angekommen. Auf einem großen Platz mitten vor der Hafenpromenade standen die Schätze auf Hochglanz poliert in einer artgerechten Umgebung. Was soll ich sagen….ich war begeistert, weil ich manche Fundstücke hier nicht erwartet hätte. Das höchste der Gefühle auf öffentlichen Straßen war bisher ein BMW X5 aus dem Jahr 2009 und eines der weniges Exemplare, das nicht an mehreren Ecken schon „angebumst“ war 🙂

Nachstehend eine kleine Auswahl von Bentley, Jaguar, MG, Austin, Ford, Renault, Alfa Romeo usw.

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Nachdem die erste Neugier gelöscht war, setzten wir uns in das angrenzende Straßenlokal an der Ecke und bestellten uns zwei große Shandy (Radler), denn die heiße Mittagssonne brannte ganz schön heftig auf unseren Pelz. Als die gute Dame dann wenig später mit zwei 1 Liter Krügen angefüllt mit der leicht alkoholischen Köstlichkeiten aufmarschierte waren wir schon etwas baff. Das hatte schon bayrische Dimensionen. Wer soll denn das alles trinken und danach noch mit gutem Gewissen Auto fahren? Die Lösung war ganz einfach. Katja musste herhalten und sich 1,5 Liter hinter die Binde kippen und ich nahm den Rest. Für 13€ plus Tipp fühlten wir uns direkt genötigt, alles zu verputzen und nichts zurück zu lassen. Auf dem Rückweg hatte ich eine traumhaft entspannte (man könnte auch sagen angetrunkene)  Co-Pilotin. Es kamen auch keine Klagen mehr in den schnellen Rechtskurven, wenn die ganze Fuhre wegen der krummen Hinterachse immer ganz leicht ins Schlingern kam und wir meist zwei Fahrbahnbreiten benötigten, um sicher durch die Kurven zu kommen 🙂

Das war ein guter Tag 🙂

Blaue Finger und schwarze Füße

Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, dass unsere SUMMER nicht mehr schaukelt und wenn man aus dem Fenster sieht, dann schaut man erst einmal sechs Meter in die Tiefe bis zur Wasseroberfläche.

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Gestern und heute waren Tage voller Arbeit und Schmutz. Die Pfoten sind ständig voller Schmiere, Farbe, Dichtmasse und die Fußsohlen sind am Abend so schwarz wie Stempelkissen 🙂 Daran beißt sich sogar ein Schwamm aus Stahlwolle die Zähne aus :-). Habe mir seit Montag angewöhnt, abends mit Schuhen unter die Dusche zu gehen. Dann kann ich mir wenigstens einbilden, dass die schwarze Brühe aus der Schuhsohle kommt. Das hilft 🙂  Unsere SUMMER hat sich in eine echte Baustelle verwandelt und um dem geordneten Chaos etwas Ordnung einzuhauchen, räumen wir am Abend alles Werkzeug wieder fein säuberlich an den Ort zurück, wo wir es auch hergenommen haben.

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Jose wollte eigentlich gestern kommen und anfangen das Unterwasserschiff abzuschleifen. Der arme Bursche wurde aber ständig zu anderen Schiffen geschickt und gegen Mittag war klar, dass es nichts mehr werden würde. Macht auch nichts, dann eben morgen 🙂 Wir nutzten die Zeit, um die teilweise stark zersetzten Opferanoden abzubauen, Edelstahlgitter zu polieren, neue Opferanoden zu beschaffen, den Propeller des Bugstrahlruders zu überholen und den SPW-Drehflügel-Propeller zu reinigen und mit neuem Fett zu füllen.

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Zum Mittag hatte Katja mal wieder etwas Leckeres auf den Tisch gezaubert. Nach so einem Essen hat man gleich wieder richtig Lust, sich wieder in die Arbeit zu stürzen.

Ein kleines Problem haben wir aber schon, weil wir ja kein Wasser mehr laufen lassen können. Wahrscheinlich würden sich die anderen bei uns herzlich bedanken, wenn plötzlich aus den Ventilen über Ihren Köpfen irgendwelches Abwasser herauslaufen würde 🙂 Man muss es sich schon gut überlegen, wie viel man abends noch trinkt, denn die „Pischbox“ ist ja 150 Meter entfernt. Außerdem müsste man in der Nacht auch noch die Leiter hinab klettern. Da sollte man besser richtig wach sein 🙂 Die Nummer mit der Flasche im Bad ist auch keine wirkliche Option wenn man den Frieden an Bord bewahren möchte 🙂 Also, wer viel trinkt muss eben auch öfters laufen. So einfach ist das!

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Heute Mittag ging es dann endlich mit dem Abschleifen der alten Antifouling zur Sache. Jose hatte noch einen Kollegen mitgebracht und gemeinsam  schliffen sie wie die Weltmeister. Zeitweise waren die Burschen in einer Nebelwolke aus blauem Schleifstaub verschwunden. Man konnte den Eindruck bekommen, dass dort zwei Schlümpfe am werkeln waren. Es ist ein wirklich harter Job und dafür habe wir die beiden auch mit einem ordentlichen Trinkgeld belohnt.

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Ohne Worte! Auf der Stütze steht unsere SUMMER. Arbeitssicherheit auf kanarisch 🙂 Bisher ist aber noch kein Schiff von den Böcken gefallen, habe ich gehört….

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Wir haben uns heute voll und ganz der Badeplattform gewidmet. Das Ding war so dermaßen verrostet und die Schrauben teilweise vergammelt, dass es eine echte Plackerei war all die Schrauben zu entfernen, zu entrosten und wieder einzusetzen. Die Badeleiter haben wir komplett zerlegt, die geschweißten Halterungen und Unterzüge waren zu entrosten und zu polieren um dann am Ende alles zusammen mit dem Konservierungswachs TECTYL zu konservieren. Das Ergebnis lies sich aber sehen und dieser Schandfleck ist endlich beseitigt 🙂

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Gegen 15:00 war Jose und Kollege auch fertig mit der Schleiferei. Jose scheint ein sehr fröhlicher Mensch zu sein trotz der vielen und anstrengenden Arbeit. Er ist 45 Jahre alt und Vater von vier  Kindern (davon arbeitet eines als Gerichtsmediziner). Er trägt den schwarzen Gürtel (dritter DAN) im TAEWONDO und trainiert nach der Arbeit 2 Stunden an 5 Tagen in der Woche. Außerdem kann er zwei Minuten die Luft anhalten und taucht mit der Harpune bis 15 Meter tief zum Jagen.  Und singen kann er auch ganz gut wie man heute gehört hat 🙂

Am Freitag sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Dann muss „nur“ noch das Ruder wieder eingebaut werden und die SUMMER wieder ins Wasser zurück. Wir haben aber einen guten Lauf und sind recht optimistisch, dass das Glück uns hold bleibt.

 

 

 

15 Tonnen aufs Land gesetzt

Pünktlich um 9:00 winkte der Marinero zu uns herüber und gab somit das Zeichen, dass wir uns fertig machen sollten, unsere SUMMER mit dem Heck zuerst unter dem Kran zu positionieren. Katja und ich hatten das Manöver zuvor durchgesprochen und uns beiden war klar, was zu tun ist. Ohne Eile und Hektik war die SUMMER dann auch bald an den vier Festmachern belegt und schwamm mittig ausgerichtet unter dem Lift. Die breiten Gurte befanden sich bereits unter dem Schiff und wurden jetzt in Position zu den Kranmarken (Markierungen, wo der Gurt liegen soll) gebracht. Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man sein Schiff jedes Jahr beim Yachtservice abgibt, die es dann ins Winterlager verbringen oder ob man alles selber erledigen muss J. Aber der Mensch wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben.

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Nach einer gründlichen Kontrolle ging es dann langsam aufwärts und nach gut fünf Minuten war unser Deck auf gleicher Höhe mit dem Kai. Jetzt wurde es Zeit, das Boot zu verlassen. Unsere SUMMER wurde mit dem Dampfstrahler von Algen und sonstigem Bewuchs befreit, bevor sie dann zur endgültigen Parkposition transportiert wurde.

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Jetzt erst kam eigentlich der Moment, der mir in den letzten Tagen am meisten Kopfzerbrechen bereitet hatte. Das Ruder musste raus, weil wir ja ein Problem mit dem Ruderlager hatten. Auch hier hatten wir uns gut vorbereitet. Derweil ich im Schiff den Ruderquadranten von dem massiven Ruderschaft demontierte, hatte Katja eine Vorrichtung aus Leinen und zwei Flaschenzügen angefertigt und um das Ruder gelegt. Katja hob das gut 80 Kilo schwere Teil mit Hilfe von Jose ein Stück an und ich konnte den letzten Bolzen an Deck lösen, der das Ruder noch fixierte. Katjas Vorrichtung hielt das Gewicht und der Lift hob die SUMMER langsam weiter in die Höhe. Mit jedem weiteren Zentimeter glitt das Ruder weiter aus dem Lager hinaus, bis es nach gut einem Meter frei war. Jose staunte nicht schlecht, als wir das schwere Teil wegtrugen, denn mit so viel Gewicht hatte er nicht gerechnet J. Aber genau wegen der soliden Bauweise und Qualität haben wir uns ja für eine Yacht von der SCHÖCHL Werft entschieden. Nach weiteren 45 Minuten stand unsere SUMMER zu allen Seiten hin abgestützt auf ihrem Parkplatz. Uns fiel jedenfalls ein großer Stein von Herzen, weil alles viel besser verlaufen war als gedacht!

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Die Inspektion des Ruderlagers ergab, dass es sich in einem hervorragenden Zustand befand. Keinerlei erkennbare Korrosion am Lagerkörper oder nennenswerte Einlaufspuren an den beweglichen Teilen des Lagers waren zu erkennen. Auch dort hat SCHÖCHL wohl ganze Arbeit geleistet J Auch Jose der Marinero zeigte sich von der Qualität im Allgemeinen sichtlich begeistert. Das positive Urteil freut den Eigner natürlich sehr, denn immerhin sehen die Jungs ja einige Schiffe im Laufe der Jahre und haben ein Auge dafür, was sich bewährt hat und was nicht.

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Abschließend saßen wir abends zufrieden im Salon der SUMMER. Die Schäden schienen sich nur auf ein paar defekte Dichtungen im Ruderlager zu beschränken. Nach über acht Jahren darf das gern einmal passieren. Wir waren sehr froh, dass wir noch nicht in der Südsee unterwegs waren. Denn dort wäre es bestimmt weniger lustig gewesen, nach jedem Törn 30-60 Liter Wasser aus dem Schiff zu pumpen und keine Werft mit Lift in der Nähe zu haben. Von den fehlenden Spezialwerkzeugen und Ersatzteilen mal ganz zu schweigen. Laut Internet-Sendungsverfolgung, die wir die letzten Tage immer wieder kontrolliert hatten, sollten die neuen Dichtungen bereits morgen mit UPS hier eintreffen.