Archiv für den Tag: 18. Januar 2015

Auf nach Tazacorte /La Palmas

Gestern Abend fand das von der freundlichen Hafenmeisterin in San Sebastian bereits angekündigte Fest in San Sebastian zu Ehren des „Heiligen Sebastian“ statt. Eine Vielzahl von Folkloregruppen sind mit ihren 12 Saiten-Gitarren, Trommeln und Ukulelen schon den ganzen Tag über durch das Städtchen gezogen und haben lautstark kanarische Lieder zum Besten gegeben. Der Höhepunkt der Festivitäten aber sollte am Abend auf der großen Bühne auf dem Marktplatz stattfinden. So war es denn auch. Wie in einem Münchener Biergarten saßen die Einheimischen an runden Tischen vor der Bühne und aßen in geselliger Runde ihre mitgebrachten Speisen. Es wurde natürlich auch reichlich getrunken und getanzt. Volksfest eben!

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Irgendwie war ich aber trotz der allgemeinen fröhlichen Stimmung nicht gut drauf weil ich wusste, dass einmal wieder einige Segler mit denen ich die letzten drei Tage verbracht hatte, morgen schon zu den Kap Verden aufbrechen würden. Alte Erinnerungen wurden wach. Schon wieder Abschied feiern und allein zurück bleiben? Irgendwie war mir nicht danach und selbst die bereits gebuchten Tauchgänge für nächste Woche, erschienen mir nicht mehr sehr attraktiv. So fasste ich den Entschluss, am nächsten morgen sehr früh die Leinen loszuwerfen und zur nächsten Insel La Palmas mit Ziel „Marina Tazacorte“ aufzubrechen. Das Wetter schien laut Wettervorhersage für die Überfahrt passend zu sein, obwohl im Hafen immer noch ganz ordentlich der Wind auf das Heck der SUMMER drückte. Der Tauchschule schrieb ich eine Mail und versprach im Februar mit Katja zusammen wieder zu kommen. Danach bereitete dann in aller Ruhe das Schiff für den 12 Stunden langen Törn vor. Die Musik vom Festplatz hielt mich noch bis 02:30 wach. Außerdem ich auch ein wenig nervös weil der Wind einfach nicht weniger werden wollte.

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Morgens um 5:45 brachte ich noch den Müllbeutel zum Abfallcontainer und traf zu meinem Erstaunen einen Marinero im Dienst. Ich gab meine Zutrittskarte zur Marina bei ihm ab und bat ihn noch,  mir beim Ablegen behilflich zu sein. Jetzt waren die Würfel gefallen und es gab kein zurück mehr. Ich hatte ja niemandem etwas von meinem Vorhaben gesagt und hätte mich somit auch jederzeit noch anders entscheiden können.  Auch gegen den Wind im Rücken gelang es mir das Schiff abzulegen. Natürlich nicht ohne noch einmal mit dem Bug auf den Steg zu brummen 🙁 Okay, so hatte ich ein kleines Andenken im Gepäck und auch wieder etwas Arbeit in der nächsten Marina 🙂

Das Problem kam erst als ich die SUMMER aus der Marina heraus in den Vorhafen steuerte. Es war so unglaublich dunkel, dass ich praktisch NICHTS sehen konnte. Zurück in die Marina konnte somit auch nicht mehr. In der Ferne sah ich nur das rote Leuchtfeuer der Hafeneinfahrt und steuerte praktisch blind darauf zu. Es war auch nicht möglich die Fender und Leinen einzuholen bzw. zu sichern weil ich ja nicht vom Steuer weggehen konnte. Bange Minuten später,  verließen wir dann den Vorhafen und fuhren auf die See hinaus. Es war richtig gruselig, nur nach der Karte auf dem Plotter fahren zu können und ohne jegliche Sicht den schützenden Vorhafen verlassen zu müssen. Mein Wohlbefinden sank aber noch weiter als ich feststellen musste, dass die gleichen Bedingungen da draußen herrschten wie bei der Anfahrt. Die Wellen waren hoch und ein kräftiger Wind aus Nord mit einer Stärke von 20-30 Knoten, schickte eine Wasserfontäne nach der anderen über das ganze Schiff. Meine Sorge galt den Festmacherleinen und den Fendern. Ab und zu sah ich die Fender im Licht der Decksbeleuchtung an der Rehling zerren und über das Wasser springen. Die SUMMER stampfte heftig und schaufelte über den Bug viel Wasser aufs Deck. Ich traute mich aber auch nicht auf das Vorschiff zu klettern, die Leinen abzuschlagen und nach hinten zu holen. Im dümmsten Fall hätte sich ja auch eine über Bord gespülte Leine beim Nachschleppen um die Schraube wickeln können. Nach einer Stunde wurde es endlich langsam hell. Ich stoppte auf, ging vor den Wind, holte die die Fender rein und die gut gespülten Leinen nach hinten, bevor ich sie dann in der Backkiste verstaute. Auf dem Vordeck sammelte ich noch das Trittbrett vom Bugbeschlag ein, dass eine Welle einfach abgerissen hatte. Auf dem Rückweg ins Cockpit zurück ging es mir dann schon wieder besser. Meine Fresse sind die Handläufe der Rehling rutschig wenn sie kalt und voller Salz sind! Das nächste mal ziehe ich aber Handschuhe an! Wieder was gelernt.

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Gegen 8:30 passierten wir die Nordspitze Gomeras und legten 300 Grad an. Endlich konnte ich Fock und Großsegel setzen und die fleißige Maschine abschalten. Mit flotten 6-7 Knoten Fahrt segelten wir nun direkt in Richtung La Palmas. Alles war wieder gut und es wurde Zeit für den ersten Kaffee und einer Scheibe Brot. Schmeckt das gut nach so einem Start in den Tag 🙂

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Gegen 16:10 musste wieder die Maschine ran weil in der Landabdeckung südlich von La Palmas der Wind eingeschlafen war. Mit 6 Knoten Fahrt war dann auch schon 2 Stunden später die Einfahrt der Marina Tazacorte in Sicht. Auf UKW Kanal 9 war niemand zu erreichen und so suchte ich mir dann meinen Liegeplatz selber aus. Das Anlegemanöver klappte auch ohne fremde Hilfe vorbildlich und um 18:30 wurde der Jockel (Maschine) in den Feierabend geschickt. Glücklich und auch etwas erschöpft gab es dann noch ein Bier zum Abendbrot, bevor ich im Salon auf der Sitzbank dann friedlich eingeschlafen bin. Um 20:30 legte dann noch eine weitere Yacht neben mir an. Ich ging noch einmal hinaus, um zu sehen, wer so spät noch gekommen war. Surprise, surprise! Es waren meine französischen Stegnachbarn von San Sebastian 🙂 Nach einem großen „Hallo“ erzählte mir der Skipper, er sei eine Stunde nach mir ausgelaufen und wäre auch von Bedingungen überrascht gewesen. Er hat mich die ganze Zeit auf seinem AIS gesehen und war mir einfach nachgefahren. Ich konnte ihn aber nicht sehen, weil sein Gerät nur empfängt aber nicht sendet. Na sowas! Irgendwie war ich aber auch ein wenig stolz, weil ich ihm eine gute Stunde Fahrtzeit abgenommen hatte 🙂 So fand der Tag doch noch ein versöhnliches Ende und ich endlich meinen wohlverdienten Schlaf.