Großstadtrummel mit Startschwierigkeiten

Das Mooringfeld, in dem wir die letzten Tage eigentlich ganz prima gelegen hatten, zeigte heute durch die andere Windrichtung, die vorherrschte, dass es eigentlich für kürzere Schiffe ausgelegt war. Obwohl wir unsere Mooringleine schon so kurz wie möglich belegt hatten, klopfte die nächste Mooring mit Ihrer riesigen Kugel und dem rostigen Haken oben drauf schon an unser Heck. So ging das nun wirklich nicht und hektisch wurde alles zum Absegeln fertig gemacht. Wir wollten ja keine ernsthaften Kratzer im frischen Hochglanzlack riskieren 🙁

Wir segelten aus dem Gewirr kleiner Insel hinaus und freuten uns über einen angenehmen Segelwind, der uns auf einem „am Wind- Kurs“ genau Richtung Boston bringen würde. Die Zahl der Lobsterbojen nahm auch im Laufe des Tages deutlich ab und es war ein entspannter Segeltag. Nach Sonnenuntergang hatten wir das Gefühl, durch ein Lichtermeer zu segeln 🙂 Überall Fischerboote mit grellen Halogenscheinwerfern und alle natürlich ohne AIS. Unser Radarschirm sah aus als hätte er Masern 🙂 Da wurde heute Nacht aber wirklich viel Aufmerksamkeit gefordert und man konnte kein Nickerchen machen. Gegen zwei Uhr schlief der Wind ein und unsere Maschine musste wieder ran. Mit gut sechs Knoten Fahrt im Schiff kamen wir unserem Ziel schnell näher und würden im Laufe des Vormittags in Boston sein. Um halb vier übernahm Dietmar die letzte Wache und ich durfte auch noch eine Mütze Schlaf nehmen.

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In der aufgehenden Sonne lag Bostons Skyline schon deutlich sichtbar vor uns. Aber so einfach sollten wir unser Ziel nicht erreichen. „Hier brennt was, gibt mir mal mein Handy“, tönte Dietmars Stimme aus der Pantry. Total perplex stellte ich seine Anweisung nicht in Frage und brachte das gewünschte IPhone. Wäre ein Feuerlöscher hier nicht eher angebracht gewesen?. „Maschine aus!!!! Sofort!!!“ Zu Befehl her Kapitän, wird sofort erledigt. Aus der Bilge quoll dichter Rauch, Feuer war aber Gott sei Dank nirgends zu sehen. Und jetzt???? Erstmal musste frische Luft ins Schiff und wir schraubten schnell alle Luken auf. Dietmar identifizierte die Lichtmaschine als Troublemaker. Die hatte die letzten Stunden schon komische Geräusche von sich gegeben, obwohl wir sie erst bei Hinckleys hatten als Neuteil einbauen lassen. Nach gründlicher Prüfung baute Dietmar die Lichtmaschine aus und als wir sicher waren, dass wirklich nichts weiter gebrannt oder geschmorrt hatte, starteten wir die Maschine wieder und setzten unseren Weg in Richtung Boston fort.

Was für ein Tag 🙁 Nachdem sich die erste Aufregung etwas gelegt hatte, schrieb Dietmar eine E-Mail an Hinckley und telefonierte mit unserer Versicherung. Die übernahmen gern eine ausführliche Beratung zur weiteren Vorgehensweise. Auch die Hinckley-Werft reagierte, zwar erst ziemlich spät, aber dafür mit gutem Service. Morgen Vormittag würde ein Techniker mit allem nötigen Equipment hier in Boston eintreffen und der Sache auf den Grund gehen. So wünscht man sich das.

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Nachdem alles geregelt war, konnten wir uns wieder mit voller Konzentration unserem Ziel zuwenden. Durch die vielen vorgelagerten Inseln brauchten wir fast zwei Stunden bis wir die für uns reservierte Mooring vor der Waterboat Marina erreichten. Was für eine tolle Kulisse. Keine zweihundert Meter vom Boot entfernt lag Boston Downtown. Unser Anlegemanöver wurde von einer Freundin, die sich auf einer Rundreise in den USA befindet, in Fotos und einem Video festgehalten 🙂 Sie startete grade nebenan zu einer Whale Watching Tour.

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Jetzt war aber erstmal Frühstück angesagt und anschließend noch ein kurzes Nickerchen. Die Nacht war doch nicht besonders erholsam gewesen. Trotz der vielen Fähren, Wassertaxis und Ausflugsbooten erwies sich unser Liegeplatz als erstaunlich ruhig. Da haben wir schon deutlich schlechter geankert in den letzten Monaten. Am Nachmittag machten wir das Dinghi klar und checkten in der Marina ein. Der Preis für die Mooring betrug 55 € pro Nacht und war für die zentrale Lage wirklich unschlagbar preiswert. Für eine Nacht in der Marina hätten wir das Fünffache bezahlen müssen. Das wäre sicherlich ein teures Vergnügen geworden.

Den ganzen Nachmittag ließen wir uns ziellos durch die Innenstadt treiben. Was für eine tolle Stadt. Voll mit Wolkenkratzern und alten Gebäuden, Parks, Cafes, Restaurants und vielen Straßenkünstlern. Im Gegensatz zu vielen amerikanischen Städten kann man alles bequem zu Fuß erreichen 🙂 Das gefiel uns besonders gut!

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Der erste Abend in Boston war auch schon verplant. Ich wollte meine Freundin Anja zum Essen treffen und Dietmar war mit Elias verabredet, den wir über einen Freund aus Deutschland kennengelernt hatten. So verbrachten wir beide getrennt voneinander sehr nette Stunden, bis wir erst kurz vor Mitternacht ziemlich übermüdet wieder auf der CESARINA eintrudelten.

Nach einer kurzen, aber erholsamen Nacht krabbelten wir am nächsten Tag aus dem Bett. Schon um Viertel vor Sieben hatte sich der Techniker von Hinckley telefonisch bei uns gemeldet und keine Stunde später war er an Bord. Gemeinsam wurden nochmal alle Kabel kontrolliert und es war wohl sicher, dass die Lichtmaschine gestern wahrhaftig in Rauch aufgegangen war. Kurze Zeit später war schon die Neue eingebaut und ein einstündiger Testlauf begann. Kurz vor Mittag war dann alles fertig und Dietmar brachte den Hinckley-Techniker wieder zurück in die Marina. Jetzt hoffen wir wirklich, dass alles gut funktioniert und wir keine weitere Hilfe des Hinckley-Teams mehr brauchen werden 🙂

Den Nachmittag verbrachten wir im New England Aquarium, das direkt an der Waterfront liegt. Ein tolles Erlebnis mit einem riesigen Meerwasserbecken, das sich über komplette drei Etagen erstreckt. Hier sahen wir viele „alte“ Bekannte unserer Tauchgänge in der Karibik. Am Nachmittag fand außerdem die Fütterung der Pinguine statt. Diese erfolgte unter genauer Listenführung durch die Mitarbeiter per Hand, damit niemand zu kurz kommt oder zu viele Fische bekommt.

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Da sich der angesagte Regen immer noch nicht blicken ließ bummelten wir noch in Hafennähe etwas durch die Stadt und genossen die Vorstellungen verschiedener Straßenkünstler, bevor wir uns aufs Boot zurückzogen.

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Ein Gedanke zu „Großstadtrummel mit Startschwierigkeiten

  1. Ja, das war schön: ich fuhr raus, ihr kamt rein.
    Und später kam ich rein und ihr habt mich begrüsst.
    Und dann Abends unser Treffen : irgendwie eine irreale Welt sich in Boston als Deutsche zu treffen, aber es war sooo schön. Auch beim zweiten Mal.

    Und ich habe die Cesarina auch direkt erkannt, auch wenn ich sie nie vorher gesehen hatte.

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