Archiv für den Tag: 14. November 2015

Ein schwarzer Freitag – in jeder Beziehung

Irgendwie war dieser Freitag wohl nicht unser Tag. Es war ja auch Freitag der 13! Aber bisher in unserem Leben ist dieses Datum noch kein Grund zur Beunruhigung gewesen. Dem nächsten Freitag den 13. werden wir sicher etwas skeptischer entgegen treten 🙂

Es begann schon direkt nach dem Frühstück, obwohl der strahlende Sonnenschein einen guten Start in den Tag versprach.

Wir erwarten noch ein Paket aus Deutschland. Unsere Reisepässe mit den amerikanischen Visa und einige Kleinigkeiten sind bereits seit fast zwei Wochen auf dem Weg zu uns. Seit Montag hängt das Paket beim Zoll fest. Heute war dann endlich einmal Zeit, das Ganze mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Um solche Telefonate zu führen, reichte unser Spanisch aber ganz sicher nicht aus 🙂 So war ich froh, dass das ARC-Büro mir Unterstützung angeboten hatte 🙂 So dauerte es nur eine geschlagene Stunde um herauszufinden, dass unser Paket zwar auf dem Weg zu uns sei, aber man nicht genau sagen könnte, wo es sich befand und schon gar nicht, wann es hier ankommen würde. Aber die Wahrscheinlichkeit sei sehr groß, dass es vor dem Start der ARC auf Gran Canaria landen würde. Das waren ja wunderbare Aussichten, da brauchte ich mir ja keine Sorgen machen 🙂 Und wozu brauchen wir auch schon Reisepässe 🙂

Zurück auf der CESARINA traf ich Dietmar in sehr finsterer Stimmung. Wie eigentlich jeden Tag hatte er mit NorthSails telefoniert, um den genauen Ankunftstermin unserer neuen Segel zu klären. Wir hatten Anfang der Woche die feste Zusage erhalten, dass sie am Montag aus England verschickt worden waren und warteten sehnsüchtig auf die Tracking-Nummer. Die Einfuhr von Waren auf die Kanaren ist ziemlich speziell und kompliziert, da musste mit dem Zoll schon im Vorfeld einiges abgeklärt werden. Bisher hatte uns NorthSails aber noch keine Tracking-Nummer mitteilen können. Die Gründe dafür waren für uns nicht nachvollziehbar und es schlich sich über die Tage ein ungutes Gefühl ein. Heute wollten wir endlich die Wahrheit wissen. So startete Dietmar einen wahren Telefon-Angriff sowohl in Belgien beim Verkaufsbüro als auch in England bei der Produktionsstätte.

Gegen drei Uhr am Nachmittag stand dann endgültig fest: Es gab überhaupt keine Segel für unsere CESARINA. Die Produktionsstätte in England hatte nie einen Fertigungsauftrag erhalten. Alle Telefonate und alle bis heute erhaltenen Informationen waren Schall und Rauch 🙁  nur leere Worte und Lügen.

Was sollten wir dazu sagen, wir waren völlig platt. Auf Grund einer Empfehlung hatten wir uns entschieden, nicht bei Jan-Segel in Deutschland zu bestellen. Jetzt stehen wir ohne Segel da. Die alten Segel hatten wir am Mittwoch zum Segelmacher gebracht, damit dieser sie entsorgen sollte 🙂 Was nun? Rudern ist wahrlich keine Alternative.

So führte uns unser nächster Weg zum Segelmacher. Vielleicht war das Unglück ja noch zu verhindern. Und siehe da, die Besitzerin erzählte uns entspannt, dass sie Segel immer erst entsorgen würden, wenn das Boot mit neuen Segeln den Hafen verlassen hätte. Eine ganz schlaue Vorgehensweise, die von viel Erfahrung zeugt. Da sind wir wohl nicht die Ersten, die solche Erfahrungen machen müssen.

Aber der Tag hatte noch eine weitere Schreckensnachricht für uns parat. Am späten Nachmittag fand sich „Jerry, the Rigger“ bei uns an Bord ein für den bestellten Riggcheck.

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Mit seinem Assistenten nahmen sie alles ganz genau unter die Lupe und leider wurden sie fündig: ein Riss im Mast, direkt in Höhe der ersten Sailing. Mit dem können wir nicht weiter segeln. Das muss zuerst repariert werden. Das wird sicher eine knappe Nummer werden, bis zum Start der ARC am nächsten Sonntag. Zur Reparatur muss das Schiff aus dem Wasser, und dann vielleicht sogar noch der Mast gezogen werden. Das wird also nichts mit einer entspannten letzten Woche auf Gran Canaria. Im Geiste strich ich schon einmal die Inseltour, die ich gerne noch hätte unternehmen wollen. Vielleicht dann beim nächsten Mal…..

Unsere Laune hatte mittlerweile den absoluten Tiefpunkt erreicht. Kerstin und Thomas aus München, die uns heute Nachmittag im Urlaub einen Besuch abgestattet hatten, saßen ziemlich verschreckt mittendrin im Chaos. Das würde wohl nichts mehr werden mit dem geplanten netten gemeinsamen Abend, dabei hatte der Nachmittag doch recht vielversprechend begonnen.

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So entschieden sie sich, uns an diesem Abend besser allein zu lassen. Viel war ja auch wirklich nicht mehr mit uns anzufangen.

Das mussten wir Beide erst einmal verdauen. Jetzt steht die Teilnahme an der ARC plötzlich auf wackligen Beinen, mal ganz abgesehen von der ganzen Arbeit und dem Stress, der auf uns zukommen würde. Wir hatten auch jeden Fall erst einmal die Nasen gestrichen voll. Nach einer großen Portion Tortellini (Nudeln machen einfach glücklich) verzog ich mich mit einem guten Buch ins Bett. Dietmar versuchte sich auf der ARC-Eröffnungsparty etwas abzulenken, aber auch er war definitiv nicht in Feierlaune. Schon kurz vor elf war er zurück.

Nach einer unruhigen Nacht mit vielen wirren Träumen und Gedanken folgte ein Schock am Morgen. Gegen Acht erreichte uns die Nachricht von den Anschlägen in Paris. Ganz schnell rückten der Riss im Mast in den Hintergrund. So saßen wir beide schweigsam und fassungslos beim Frühstück. Schon wieder hatte es Paris getroffen, eine Stadt im Herzen Europas. Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer und den vielen Verletzten. Unsere Probleme erschienen uns im Angesicht einer solchen Tragödie plötzlich klein und unwichtig. Das konnte man sicher alles regeln, denn es waren eben doch nur „Luxusprobleme“.