Eine unruhige Nacht, haarige Gesellen und eine windige Überfahrt

Freitag 6. Juni: Das Klingeln des Weckers um 6:00 war schon sehr ungewöhnlich, da wir uns in den vergangenen Wochen daran gewöhnt haben, einfach so lange zu schlafen, bis sich die Augen von allein öffnen. Nicht so heute, da wir ablaufendes Hochwasser benötigen, um mit dem Strom zügig Richtung Nordsee zu gelangen. Um 7:00 hieß es Leinen los und ab in die Schleuse von Ipswhich Harbour. Der Schleusenwärter war wieder einmal sehr freundlich, wie es die Art der Engländer anscheinend auch schon früh am Morgen ist. Bei bestem Wetter und viel Sonnenschein ging es dann zügig den Orwell River flussabwärts, wieder in Richtung Nordsee. Neben dem Steuerrad stand eine dampfende Tasse Kaffee und ein leckerer Bagel zum Frühstück.

Roughs Tower

Roughs Tower

Der Weg auf die offene See hinaus führt unmittelbar an „Roughs Tower“ vorbei. Ursprünglich war das eine militärische Seefestung aus dem zweiten Weltkrieg. In den 60ern wurden vom Tower „Piratensender“ betrieben. 1965 hat Paddy Roy Bates den Tower zum unabhängigen Fürstentum „Sealand“ proklamiert und ernannte sich selbst und seine Frau (eine ehemalige Miss England) zu uneingeschränkten Herrschern. Es gibt sogar eine eigene Währung. Es lohnt sich bei WIKIPEDIA einmal die bewegte Geschichte zu nachzulesen. Der Jahrgang 1965 scheint besonders gut gewesen zu sein 🙂
Nach einem schönen Segeltag sind wir auf Empfehlung eines Seglers, den wir in der Suffolk Marina kennengelernt haben, in den Hamford River eingelaufen. Kurze Zeit später waren dann auch der Anker und 35m Kette ausgebracht und wir hingen sicher am „Haken“.

Seehund auf Jagd

Seehund auf Jagd

Tatsächlich, der Mann hatte die Wahrheit gesagt. Links und rechts von uns tauchten 5 lustige und haarige Gesellen aus den Fluten auf. Es ist einfach eine ganz andere Nummer, wenn man den Tieren in freier Natur begegnet. Die Freude war riesengroß und wir hatten das beste Abendprogramm, dass man sich wünschen kann.

Sonnenuntergang im Hamford Water

Sonnenuntergang im Hamford Water

Mit diesen Bildern sind wir dann zeitig in die Koje gegangen. Zumindest mein Vertrauen in den Anker war groß genug, dass ich gut schlafen konnte. In der Nacht hatten wir ein Gewitter und mal wieder viel Wind zwischen 15-18 Knoten. Unsere Summer hat jedenfalls ganz schön an der Kette „getanzt“ und Katja kaum geschlafen. Das Einzige was mir etwas im Magen lag war, dass ich in der Bilge im Motorraum ca. 10 Liter Seewasser abpumpen musste. Wie kam das Wasser nur ins Schiff? Motor und Seeventile waren dicht. Lösung: Die Dichtungen der Backskisten sind nicht dicht genug, wenn beim Segeln zu viel Seewasser über das Deck kommt.
Samstag: Anker auf und Frühstück auf See. So war es auch heute morgen. Unser Tagesziel war die Marina „Burnham Yacht Harbour“ im „River Crouch“. Nach dieser Überfahrt haben wir beschlossen, uns noch intensiver mit dem Thema Wetter und Routenplanung auseinander zu setzen. Angesagt waren 3-4 Beaufort und Boen mit 5-6 Windstärken. Nach dem Motto „passt schon“ und es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird, habe ich mir auch keine weiteren Gedanken mehr gemacht. Katja schlief unter Deck  und ich hatte eigentlich alles ganz gut im Griff. Das Großsegel wurde rechtzeitig gerefft und die Krängung des Bootes (Schräglage) war somit im grünen Bereich. Irgendwann ging es dann allerdings los. Die Coast Guard begann für die Berufsschifffahrt Warnhinweise wegen Starkwind (Galewarning) und hohem Schwell (Dünung) zu senden. Den Höhepunkt erreichten wir gegen 11:00 als die Anzeige beständig 25-30 Knoten Windgeschwindigkeit anzeigte. Der Wind stand genau gegen den Strom und das verursacht dann kurze und hohe Wellen. Wir mussten leider genau gegenan segeln, da sich in Lee (Windschatteseite) zahlreiche Untiefen befanden. Es war sehr nass und das Deck wurde ständig von Seewasser überspült. Katja kam dann irgendwann an Deck und meinte nur: „Finde ich heute gar nicht so schlimm! Wahrscheinlich bin ich schon abgehärtet….“

Seehunde  im CROUCH River

Seehunde im CROUCH River

Regatta im Crouch River. In UK ist Segeln Volkssport

Regatta im Crouch River. In UK ist Segeln Volkssport[]Burnham Yacht Harbour Burnham Yacht Harbour


Um exakt 16:50 haben wir unsere Summer dann am Steg B40 angelegt. Nach einem Anlegerbier und einem Besuch beim Hafenmeister war ein kleiner Ausflug zu Fuß in die Stadt angesagt. Der Seegang in den Beinen hat uns heute sehr zu schaffen gemacht. Ich hatte ständig das Gefühl mich an irgendetwas festhalten zu müssen 🙂 Nach der Rückkehr an Bord hat unsere Sumsi eine ausgiebige Süsswasserdusche bekommen. Sozusagen als Wiedergutmachung für die salzige Überfahrt!

Stadtbummel

Stadtbummel

Gartengestaltung

Gartengestaltung

Ebbe

Ebbe

 

Burnham City

Burnham City

Burnham

Burnham

Über der Stadt und der Hafen lag ein Mantel aus Stille und Frieden. Wieder einmal macht sich ein Gefühl von „hier will ich bleiben“ breit. So ähnlich fühlt es sich wohl an, wenn jemand mit der Welt im Einklang ist. Einfach schön!

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