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Wohin???? Matthew macht uns ganz verrückt

Dieser Hurrikan war schon eine ganz große Nummer und hielt nicht nur die Karibik, sondern auch die Ostküste der USA in Atem. Eigentlich wollten wir ja schon letzten Samstag weiter Richtung Süden segeln, aber einem so gewaltigen Sturm entgegenzufahren, erschien uns irgendwie nicht besonders sinnvoll. Jetzt sah es so aus, als würde er es tatsächlich fast bis nach Maine schaffen. Dann wären wir in Boston an unserer Mooring mit U-Bahn-Anschluss sicher nicht gut untergebracht. Somit entschieden wir uns am Montagmorgen, dass es Dienstag weiter in Richtung Süden gehen sollte. Wir wollten vorbereitet sein und auf das großzügige Angebot von Steve zurückgreifen und an seiner Hurricane-Mooring in New Bedford festmachen. Dort würden im Falle des Falles die großen Tore der Hurricane-Barriere geschlossen und wir wären dort gut und sicher untergebracht. Und falls sich Matthew doch anders entscheiden sollte, wären wir halt schon ein Stückchen weiter nach Süden gesegelt und könnten dort die Gegend unsicher machen.

So nutzten wir den Montag und den lang erhofften Sonnenschein noch zu einem Ausflug zur Trinity Church. Diese ist aber leider immer montags geschlossen. Jetzt habe ich es wirklich drei Mal versucht! Dann soll es wohl nicht sein. Aber die öffentliche Bücherei gegenüber hat geöffnet und war ganz sicher auch einen Besuch wert.

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Auf dem Rückweg versorgten wir uns noch mit besonderen Leckereien, die unser Bostoner Supermarkt so im Angebot hatte und fuhren schwer beladen mit der Subway zurück. Dietmar übernahm großzügig das Verstauen der Einkäufe, damit ich noch einen kleinen Fotoausflug machen konnte.

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Zurück in der Marina noch schnell einmal Wäsche waschen, währenddessen duschen, dann klar Schiff machen und wir waren reisefertig.

Schon morgens um sechs klingelte der Wecker, denn um direkt bis nach New Bedford durchsegeln zu können, bedeutet früh aufzustehen. Über 80 Meilen Seeweg und der Cape Cod Kanal lagen vor uns. Als es um halb sieben endlich dämmerte, düsten wir los. Der Weg hinaus aus Boston erwies sich als wirklich beschwerlich, da wir gegen Wind und Strömung ankämpfen mussten. Mir schlug das ganze mal wieder etwas auf den Magen und ich verzog mich unter Deck, um noch etwas Nachtschaf nachzuholen. Draußen in der Bucht pfiff es dann zwar auch noch ganz schön, aber unter Segeln ging es auf direktem Weg zur Kanaleinfahrt mit mehr als sieben Knoten Speed. Jetzt zeigte sich auch unser gutes Timing, denn im Kanal war die Strömung mit uns und auf dem Plotter standen plötzlich Geschwindigkeiten von mehr als 10 Knoten. Das letzte Stück nach dem Kanal wurde dann wieder ähnlich ungemütlich wie der Start am Morgen. Jetzt kam die kleine steile Welle genau von der Seite und bescherte uns die eine oder andere Dusche. In den Schränken im Schiff wurde auch wieder alles neu sortiert. Hatte ich das jetzt besonders vermisst??? Eigentlich nicht.

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Als wir gegen fünf Uhr die Hurricane-Barriere von New Bedford passierten, lag das von Steve beschriebene Mooringfeld direkt auf der linken Seite. Hier war es herrlich ruhig und wir näherten uns langsam der besagten Mooring. Obwohl wir vorgewarnt wurden, blieb uns fast das Herz stehen: 3 Meter – 2,8 Meter – 2,6 Meter – 2,2 Meter. Direkt an der Mooring steckten wir sanft und sicher im Schlamm fest. Jetzt nur noch die Leine belegen – fertig 🙂 Mal sehen, ob wir bei Hochwasser wieder schwimmen werden. Für heute Abend war es uns echt egal, denn der Tag ist lang und anstrengend gewesen. Das sah auf jeden Fall nach einer sehr ruhigen Nacht aus. Kein Schaukeln, keine Subway. Mal sehen, ob wir in der Stille überhaupt schlafen können.

Schon in der Nacht hatten wir mitbekommen, dass sich unsere CESARINA aus dem Schlamm befreit hatte und ganz sanft vor sich hin schaukelte. Tief war es hier wirklich nicht. Aber da die Hurricane-Barriere bei Hochwasser geschlossen werden würde, falls Matthew es bis hier hinaus schaffen sollte, hatten wir wenig Sorgen. Erst einmal machten wir das Dinghi klar und fuhren an Land. New Bedford empfing uns nicht mit besonders viel Charme. Eher sah es hier sehr einsam und unbewohnt aus. Viele Geschäfte standen leer, aber irgendwann fanden wir dann doch das gesuchte nette Café. Dafür waren die Preise eine sehr angenehme Überraschung und auf dem Rückweg zum Hafen führte uns unser Weg durch die historische Altstadt mit dem Whaling Museum. Und das war ein wirklicher Hochgenuss, den wir hier gar nicht erwartet hatten.

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Auf dem Rückweg zur CESARINA machten wir noch eine kleine Hafenrundfahrt im Sonnenuntergang, vorbei an den ganzen Fischerbooten und unserem „privaten“ Leuchtturm. Die Stimmung war wirklich idyllisch. Wer mochte da noch an einen Hurrikan denken?

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Sieben Tage Regenwetter :-)

Die nächsten Tage waren von ungemütlichem Wetter geprägt, auch wenn die Zahl sieben vielleicht etwas übertrieben ist :-). Weitere Spaziergänge durch die Stadt waren bei dem grauen und regnerischen Wetter nicht einmal mehr nach meinem Geschmack. So kamen auch einmal wieder die alltäglichen Dinge an die Reihe: Wäsche waschen, Blogs und Emails schreiben. Dietmar kümmerte sich noch um verschieden technische Dinge und bestellte fleißig Ausrüstungsgegenstände im Internet. Wenn man schon einmal eine feste amerikanische Lieferadresse hat, muss man das auch ausnutzen.

Elias stand uns mit Rat und Tat und seinem Auto zur Seite. Am Mittwoch hatten wir die Gelegenheit seinen alten Freund Steve kennenlernen, der ein begeisterter und erfahrener Segler ist. Er bereitete uns ein wunderbares Frühstück zu und gab uns viele gute Tipps für den weiteren Weg. Donnerstag unternahmen wir einen Ausflug ins „Museum Of Science“.

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So verging der graue Nachmittag überraschend schnell, bevor wir abends zusammen mit Elias und seiner Frau Susan zum Tapas Essen gingen. In einem kleinen gemütlichen Restaurant in Back Bay ließen wir uns die Köstlichkeiten schmecken, die genauso gut wie in Spanien schmeckten oder vielleicht sogar noch besser?! 🙂

Am Freitag war die Reisegruppe meiner Freundin Anja wieder zurück in Boston. So stand einem weiteren Treffen natürlich nichts im Wege. Vorher wollte ich aber die Trinity Church noch von innen anschauen und machte mich mit der Subway auf den Weg. Jetzt konnte ich mir die Züge, die immer direkt unter unserem Boot hindurch rumpelten auch einmal direkt ansehen 🙂 Die U-Bahn-Station lag ja wirklich direkt um die Ecke.

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An der Kirche angekommen, wurde mir leider der Eintritt verwehrt 🙂 Genau heute fand ein Konzert statt. Ich könne ja in zwei Stunden wieder kommen. Nein, das konnte ich leider nicht, denn ich war ja verabredet. So zog ich unverrichteter Dinge wieder von dannen und da es nicht nach Regen aussah spazierte ich zurück in die Stadt. Im Boston „Common“ (Park) konnte ich einen Falken bei der Eichhorn-Jagd beobachten. Aber die dreisten Eichhörnchen schienen keine leichte Beute zu sein und der Jäger saß scheinbar hungrig aber auch ohne Scheu mitten auf der Wiese.

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Am Quincy Market traf ich dann Anja und nach einem leckeren Mittagessen ging es auf zum Shoppen. Das macht mit einer Freundin doch deutlich mehr Spaß als mit männlicher Begleitung. Auch wenn wir letztendlich ohne Beute den Nachmittag beendeten, war es trotzdem eine lustige Zeit gewesen. Anjas Flieger würde morgen Nachmittag in Richtung Deutschland abheben. Jetzt musste sie mit dem Reisebus zurück ins Hotel und ich musste auch die Beine in die Hand nehmen, denn heute Abend hatten wir noch Großes vor: Wir wollten zum Baseball.

Elias hatte es geschafft, uns noch Karten für das ausverkaufte Spiel der Play Offs für den heutigen Abend zu beschaffen. Da er uns selber nicht begleiten konnte, hatte er seinen alten Freund Mark dazu verpflichtet. Nicht, dass wir noch verloren gingen. So wurden wir um fünf vor der Marina abgeholt und quälten uns durch den abendlichen Berufsverkehr in Richtung Fenway Park, dem Heimstadion der Boston Red Sox. Rund ums Stadium waren die Parkplätze rar und die Preise beeindruckend. Am ersten Parkplatz stand ein Preisschild: 45 $. Gut, dachten wir weise, weiter weg wird es sicher billiger. Leider waren die folgenden Parkplätze dann mit 50$ oder sogar 55$ ausgewiesen. Das war ja mal wieder besonders clever von uns gewesen 🙂 Da wir aber den Preiswucher nicht mitmachen wollten, fanden wir einfach eine freie Parkuhr und parkten für $2,50 unser Auto keine drei Minuten vom Stadium entfernt.

Baseball ist irgendwie eine Sportart für sich. Dietmar hatte schon Anfang der Wochen die Regeln per Email erhalten und ausgiebig studiert. Gleich würden wir sehen, ob wir dem für uns fremden Spiel auch irgendwie folgen konnten. Im Stadion angekommen suchten wir erst einmal unsere Plätze. Ganz weit oben bot sich uns eine wunderbare Übersicht über das Spielfeld. Leider wehte aber ein kräftiger Wind den kalten Nieselregen genau auf unsere Plätze unter dem Vordach. Das würde ein eher ungemütlicher Abend werden. Vor dem Spiel mussten wir uns aber noch mit den typischen Hot Dogs und den traditionellen Erdnüssen versorgen, wie zu jedem Baseball-Spiel dazu gehören. Leider gab es nur Bier und Softdrinks, mir wäre eher nach einem Glühwein gewesen, obwohl ich schon wohlweislich Skiunterwäsche angezogen hatte. Die Amerikaner zelebrieren Sportveranstaltungen derart enthusiastisch, wie wir es in Deutschland so nicht kennen.

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So wurde irgendwann feierlich das Spielfeld enthüllt, verschiedene Personen gewürdigt und dann schließlich die Nationalhymnen von den beiden Teams aus den USA und Kanada gesungen. Dann ging es endlich los, die Stimmung im Stadion war ausgelassen und wir waren…völlig überfordert. Trotzdem war es faszinierend und spannend. Nach dem sechsten Inning waren wir aber so tiefgefroren, dass wir das Handtuch warfen und zurück auf unsere CESARINA wollten. Mark machte gute Miene zum bösen Spiel und taute uns in seinem Auto wieder auf, bis wir die Marina wieder erreicht hatten. An Bord machten wir uns noch einen heißen Tee, bevor wir uns dann schnell ins warme Bett verkrümelten.

Der Regen hatte die ganze Nacht nicht aufgehört und der Samstag begann trübe, aber windstill. Wir wollten heute ins „Museum of Fine Arts“ fahren, hatten aber bei dem Wetter echte Motivationsprobleme. So war es dann schon kurz nach Mittag als wir das Dinghi in der Marina parkten und uns auf den Weg zur U-Bahn machten. Unsere Station erreichten wir gemeinsam mit der Bostoner Feuerwehr. Mehrere Einsatzwagen mit Blaulicht parkten rund um die Station. Da würden wir uns wohl noch etwas gedulden müssen. Es stellte sich bald heraus, dass wohl nichts Weltbewegendes passiert war und wir durften hinunter zu den Gleisen. Zur Feier des Tages fuhren wir heute auch kostenlos 🙂 als kleine Entschädigung für die Aufregung und Wartezeit.

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Das Museum war ein echtes Highlight unseres Boston Besuchs und wir hätten hier auch gern mehr Zeit verbringen können. Von der ägyptischen Mumie bis zur modernen Kunst war in dem riesigen und wunderbar gestalteten Museum wirklich alles zu finden. Leider schloss es am heutigen Tag schon um fünf Uhr seine Tore, wirklich schade. Der Regen hatte leider immer noch nicht aufgehört und wir verzogen uns so schnell wie möglich zurück ins Trockene auf unsere CESARINA.

Als auch am nächsten Morgen wieder dicke graue Wolken am Himmel hingen, war meine Laune auf dem Tiefpunkt angekommen. Dazu kam die Unsicherheit bezüglich der Zugbahn des Hurrikans Matthew. Fast seit einer Woche schmiedeten wir jeden Tag Pläne, die wir am nächsten Morgen mit der neuen Wettervorhersage dann wieder verwarfen. Das war doch zum Heulen 🙁 Schmollend verzog ich mich mit einem Buch in die Sofaecke. Diesen gemütliche Platz verließ ich den ganzen Tag nicht mehr und schmollte, während Dietmar am Nachmittag eine Regenpause nutzte, um ein bisschen durch die Stadt zu gehen. Nach einem Ausflug ins italienische Viertel kam er mit drei Stück Kuchen zurück, die es wirklich in sich hatten. Wir sind ja wirklich gut trainierte Naschkatzen, aber so viel Schokolade und Zucker waren auch für uns zu viel. Es sollte dann noch zwei weitere Tage dauern, bis der Kuchen komplett verschwunden war. Das hat bei uns schon etwas zu bedeuten 🙂

Hier bekommt man wirklich Plattfüße

Ganz unamerikanisch ist Boston eine Stadt für Fußgänger, also ganz nach meinem Geschmack. Dietmars Geduld wurde ziemlich auf die Probe gestellt, denn ich kann stundenlang einfach durch die Gegend laufen, Fotos machen und die Stadt erkunden 🙂

Samstagfrüh standen wir aber vor einer anderen Aufgabe. Unsere Gasflasche war leer, obwohl wir diese erst vor zwei Tagen gewechselt hatten. Durch einen defekten Dichtring hatte sich die gesamte Flaschenfüllung buchstäblich in Luft aufgelöst. Nicht mal Wasser für den morgendlichen Kaffee hatten wir kochen können. Ohne Frühstück zogen wir mit dem Taxi los zu der einzigen und abenteuerlichsten Gas-Station von 1891, die wir je gesehen hatten. Die hätte auch gut in die Karibik gepasst 🙂 Neben den verschiedensten Gasflaschen wurden nämlich auch ein Rudel Straßenkatzen bestens versorgt 🙂 Aber schnell und recht günstig wurden unsere Flaschen wieder gefüllt und wir konnten zurück zur Marina fahren. Da die ganze Aktion doch gute zwei Stunden gedauert hatte, entschieden wir uns für ein Mittagessen in der Stadt. Quincy Market, die bekannte Markthalle mit den verschiedensten Futterständen liegt keine fünf Minuten entfernt.

An diesem sonnigen und warmen Samstag war in der Stadt die Hölle los. An den Stationen der Sightseeing-Busse hatten sich lange Schlangen gebildet. Nach der langen Zeit in Maine fühlten wir uns doch etwas überfahren 🙂 Schon die Auswahl eines Mittagessens aus den gefühlten 1000 Möglichkeiten dauerte länger als es bei unserem Hunger hatte dauern sollen 🙂 Nach dem Essen trödelten wir noch ein bisschen durch die Stadt und stießen zufällig auf den Wochenmarkt. Im Gegensatz zu den gesalzenen Preisen, die wir aus den meisten Supermärkten schon fast gewohnt waren, kostete hier alles einen Dollar: Eine Mango – ein Dollar, Drei Nektarinen – ein Dollar, Eine Wassermelone – ein Dollar…..Bald hatten wir unseren Wocheneinkauf erledigt und zogen uns zur Entspannung auf die CESARINA zurück. Hier hatten wir unsere Ruhe und konnten aus sicherer Entfernung den Trubel am Ufer beobachten. Erst am späten Nachmittag verließen wir unsere sichere Insel wieder und erkundeten die Innenstadt ohne besonderes Ziel, tranken Kaffee in einem der unzähligen Cafés und bummelten durch die Einkaufsstraßen.

 

Am Sonntag stand dann endlich Sightseeing im großen Stil auf dem Programm. So spazierten wir bei strahlenden Sonnenschein vorbei am Massachusetts State House mit der tollen goldenen Kuppel und dem Park „Boston Common“ zuerst nach Beacon Hill, dem alten Wohnviertel von Boston. Mit seinen wunderbar gepflegten Backsteinhäusern war jede Straße ein toller Anblick. Wir haben später erfahren, dass die Häuser hier so gut wie nie verkauft sondern überwiegend vererbt werden. Hier zu wohnen ist wohl ein echtes Privileg 🙂

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Nach einer kleinen Stärkung ging es weiter am Ufer des Charles Rivers entlang, vorbei an der Trinity Church bis nach Back Bay. Hier wollten wir zum Sky-Walk, einer Aussichtsplatzform in der 50. Etage des „Prudential Tower“. Schon seit einer Stunde hatte Dietmar weitere Umwege, die nicht direkt zum Sky-Walk führten deutlich untersagt 🙂 Anscheinend hing ihm auch der Magen in den Kniekehlen? Wie konnte das nur passieren? Wir waren doch kaum vier Stunden unterwegs seit der letzten Pause 🙂

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Nach der wunderbaren Aussicht über Boston konnte ein Supermarkt Abhilfe schaffen und frisch gestärkt ging es zu Fuß wieder zurück zur Marina.

Zurück auf der CESARINA gab es ein Festmahl mit restlichem Baguette, Laugenbrötchen und tollem italienischen und französischen Käse. So einfach sind wir glücklich zu machen 🙂

Am Montag wollte ich unbedingt den Freedom Trail laufen. Dieser Weg durch Boston führt an den wichtigsten historischen Stätten vorbei. Dietmars Bedarf an Spaziergängen war aber fürs erste gedeckt 🙂 Also zog ich alleine los.

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Boston Common, Massachusetts State House, South Church……bis zur USS Consitution – einem alten Kriegsschiff. Pünktlich um fünf Uhr war ich wieder zurück in der Marina, denn wir waren zum Abendessen eingeladen. Auf der anderen Flussseite in Cambridge verbrachten wir einen tollen Abend mit Elias und seiner Frau Susan bei einem hervorragenden Dinner, wunderbaren Weinen und spannenden Gesprächen.

Großstadtrummel mit Startschwierigkeiten

Das Mooringfeld, in dem wir die letzten Tage eigentlich ganz prima gelegen hatten, zeigte heute durch die andere Windrichtung, die vorherrschte, dass es eigentlich für kürzere Schiffe ausgelegt war. Obwohl wir unsere Mooringleine schon so kurz wie möglich belegt hatten, klopfte die nächste Mooring mit Ihrer riesigen Kugel und dem rostigen Haken oben drauf schon an unser Heck. So ging das nun wirklich nicht und hektisch wurde alles zum Absegeln fertig gemacht. Wir wollten ja keine ernsthaften Kratzer im frischen Hochglanzlack riskieren 🙁

Wir segelten aus dem Gewirr kleiner Insel hinaus und freuten uns über einen angenehmen Segelwind, der uns auf einem „am Wind- Kurs“ genau Richtung Boston bringen würde. Die Zahl der Lobsterbojen nahm auch im Laufe des Tages deutlich ab und es war ein entspannter Segeltag. Nach Sonnenuntergang hatten wir das Gefühl, durch ein Lichtermeer zu segeln 🙂 Überall Fischerboote mit grellen Halogenscheinwerfern und alle natürlich ohne AIS. Unser Radarschirm sah aus als hätte er Masern 🙂 Da wurde heute Nacht aber wirklich viel Aufmerksamkeit gefordert und man konnte kein Nickerchen machen. Gegen zwei Uhr schlief der Wind ein und unsere Maschine musste wieder ran. Mit gut sechs Knoten Fahrt im Schiff kamen wir unserem Ziel schnell näher und würden im Laufe des Vormittags in Boston sein. Um halb vier übernahm Dietmar die letzte Wache und ich durfte auch noch eine Mütze Schlaf nehmen.

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In der aufgehenden Sonne lag Bostons Skyline schon deutlich sichtbar vor uns. Aber so einfach sollten wir unser Ziel nicht erreichen. „Hier brennt was, gibt mir mal mein Handy“, tönte Dietmars Stimme aus der Pantry. Total perplex stellte ich seine Anweisung nicht in Frage und brachte das gewünschte IPhone. Wäre ein Feuerlöscher hier nicht eher angebracht gewesen?. „Maschine aus!!!! Sofort!!!“ Zu Befehl her Kapitän, wird sofort erledigt. Aus der Bilge quoll dichter Rauch, Feuer war aber Gott sei Dank nirgends zu sehen. Und jetzt???? Erstmal musste frische Luft ins Schiff und wir schraubten schnell alle Luken auf. Dietmar identifizierte die Lichtmaschine als Troublemaker. Die hatte die letzten Stunden schon komische Geräusche von sich gegeben, obwohl wir sie erst bei Hinckleys hatten als Neuteil einbauen lassen. Nach gründlicher Prüfung baute Dietmar die Lichtmaschine aus und als wir sicher waren, dass wirklich nichts weiter gebrannt oder geschmorrt hatte, starteten wir die Maschine wieder und setzten unseren Weg in Richtung Boston fort.

Was für ein Tag 🙁 Nachdem sich die erste Aufregung etwas gelegt hatte, schrieb Dietmar eine E-Mail an Hinckley und telefonierte mit unserer Versicherung. Die übernahmen gern eine ausführliche Beratung zur weiteren Vorgehensweise. Auch die Hinckley-Werft reagierte, zwar erst ziemlich spät, aber dafür mit gutem Service. Morgen Vormittag würde ein Techniker mit allem nötigen Equipment hier in Boston eintreffen und der Sache auf den Grund gehen. So wünscht man sich das.

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Nachdem alles geregelt war, konnten wir uns wieder mit voller Konzentration unserem Ziel zuwenden. Durch die vielen vorgelagerten Inseln brauchten wir fast zwei Stunden bis wir die für uns reservierte Mooring vor der Waterboat Marina erreichten. Was für eine tolle Kulisse. Keine zweihundert Meter vom Boot entfernt lag Boston Downtown. Unser Anlegemanöver wurde von einer Freundin, die sich auf einer Rundreise in den USA befindet, in Fotos und einem Video festgehalten 🙂 Sie startete grade nebenan zu einer Whale Watching Tour.

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Jetzt war aber erstmal Frühstück angesagt und anschließend noch ein kurzes Nickerchen. Die Nacht war doch nicht besonders erholsam gewesen. Trotz der vielen Fähren, Wassertaxis und Ausflugsbooten erwies sich unser Liegeplatz als erstaunlich ruhig. Da haben wir schon deutlich schlechter geankert in den letzten Monaten. Am Nachmittag machten wir das Dinghi klar und checkten in der Marina ein. Der Preis für die Mooring betrug 55 € pro Nacht und war für die zentrale Lage wirklich unschlagbar preiswert. Für eine Nacht in der Marina hätten wir das Fünffache bezahlen müssen. Das wäre sicherlich ein teures Vergnügen geworden.

Den ganzen Nachmittag ließen wir uns ziellos durch die Innenstadt treiben. Was für eine tolle Stadt. Voll mit Wolkenkratzern und alten Gebäuden, Parks, Cafes, Restaurants und vielen Straßenkünstlern. Im Gegensatz zu vielen amerikanischen Städten kann man alles bequem zu Fuß erreichen 🙂 Das gefiel uns besonders gut!

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Der erste Abend in Boston war auch schon verplant. Ich wollte meine Freundin Anja zum Essen treffen und Dietmar war mit Elias verabredet, den wir über einen Freund aus Deutschland kennengelernt hatten. So verbrachten wir beide getrennt voneinander sehr nette Stunden, bis wir erst kurz vor Mitternacht ziemlich übermüdet wieder auf der CESARINA eintrudelten.

Nach einer kurzen, aber erholsamen Nacht krabbelten wir am nächsten Tag aus dem Bett. Schon um Viertel vor Sieben hatte sich der Techniker von Hinckley telefonisch bei uns gemeldet und keine Stunde später war er an Bord. Gemeinsam wurden nochmal alle Kabel kontrolliert und es war wohl sicher, dass die Lichtmaschine gestern wahrhaftig in Rauch aufgegangen war. Kurze Zeit später war schon die Neue eingebaut und ein einstündiger Testlauf begann. Kurz vor Mittag war dann alles fertig und Dietmar brachte den Hinckley-Techniker wieder zurück in die Marina. Jetzt hoffen wir wirklich, dass alles gut funktioniert und wir keine weitere Hilfe des Hinckley-Teams mehr brauchen werden 🙂

Den Nachmittag verbrachten wir im New England Aquarium, das direkt an der Waterfront liegt. Ein tolles Erlebnis mit einem riesigen Meerwasserbecken, das sich über komplette drei Etagen erstreckt. Hier sahen wir viele „alte“ Bekannte unserer Tauchgänge in der Karibik. Am Nachmittag fand außerdem die Fütterung der Pinguine statt. Diese erfolgte unter genauer Listenführung durch die Mitarbeiter per Hand, damit niemand zu kurz kommt oder zu viele Fische bekommt.

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Da sich der angesagte Regen immer noch nicht blicken ließ bummelten wir noch in Hafennähe etwas durch die Stadt und genossen die Vorstellungen verschiedener Straßenkünstler, bevor wir uns aufs Boot zurückzogen.

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Der letzte Tag in Maine

Ein letzter Tag in Maine blieb uns noch und das Wetter meinte es auch gut mit uns. Ganz in der Nähe befand sich der Maine Coastal Botanical Garden, der wirklich einen Besuch wert ist.

Zum Ausgleich der letzten beiden sehr faulen Tage machte ich mich zu Fuß auf den Weg. Dietmar zog es vor, noch weiter am Boot zu basteln. Da gab es ja noch ein „Wasser-Problem“ zu lösen und Blumen waren ja eh nicht so sein Fall.

Der Weg zum Garten zog sich leider ziemlich und ich war wirklich froh, als ich endlich angekommen war. Schön, dass es dort ein nettes Café gab, das zu einer kleinen Pause einlud. Der Park war zu Beginn der Nachsaison nicht besonders voll, aber die Busparkplätze am Eingang ließen erahnen, dass es hier auch ganz anders und sehr lebhaft zugehen konnte 🙂

Heute war hier auf jeden Fall ein perfekter Platz, um den sonnigen Tag in einer tollen Umgebung zu genießen. Der Park erstreckte sich hinunter bis zur Küste. Gärten und Wald wechselten sich ab. Ich lasse einfach mal die Bilder für sich sprechen 🙂

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Für den Rückweg spendierte ich mir dann aber doch ein Taxi. Irgendwann ist sogar mein Bewegungsdrang gestillt 🙂 Dietmar hatte noch weitere Stellen am Boot zusätzlich abgedichtet und wartet jetzt auf Regen, um den Erfolg seiner Arbeit zu überprüfen 🙂 Da würde er sich aber noch ein bisschen gedulden müssen, denn für unseren Trip nach Boston war ruhiges und warmes Wetter angesagt. So machten wir das Boot schon mal segelfertig, damit wir morgen früh genug starten konnten. Passend zum herbstlichen Wetter gab es Grünkohl zum Abendessen – Was für ein Genuss 🙂 Auch wenn jedem Norddeutschen sicher die Haare zu Berge gestanden hätten, wenn er inhaltliche Details unserer amerikanischen Grünkohl-Variation erfahren hätte. Uns hat es jedenfalls prima geschmeckt 🙂

Der Kampf gegen die Bilgenpumpe

Nach unserem langen Werftaufenthalt waren doch noch ein paar Dinge am Boot zu erledigen. Denn immer wenn man in einem funktionierenden System Dinge ändert oder hinzufügt, bleibt irgendwie auch immer etwas auf der Strecke 🙁 Unsere alte Bilgenpumpe war durch den Einbau einer zweiten und auch leistungsstärkeren Pumpe anscheinend so stark verärgert, dass sie einfach ihren Dienst quittierte. Trotz viel Getöse im Pumpengehäuse wurde das Wasser leider nicht mehr aus dem Schiff gepumpt. Auch unsere Abwasserpumpe im Bad pumpte das Abwasser vom Waschbecken statt nach draußen, auf einmal ärgerlicherweise in die Bilge.

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Da kam dem Chef der neblige und regnerische Tag grade recht und er verwandelte das gesamte Schiff in eine Großbaustelle. Gegen elf legte ich Protest ein und verlange Zugang zur Küche. Ein Regentag ganz ohne Frühstück war schon hart an der Grenze des Erträglichen. Kaum hatte ich die Spiegeleier aus der Pfanne auf den Tellern platziert, wurden die Bodenbretter in der Küche wieder entfernt und Dietmar verschwand wieder in der Bilge.

Die Segler unter Euch kennen sicher das Bild, das sich bietet, wenn in einem Schiff gearbeitet wird. Da ich Dietmar bei seiner Arbeit nicht weiter unterstützen konnte, versuchte ich einfach nicht weiter im Weg zu sein und zog mich mit einem Buch in eine geschützte Ecke im Salon zurück. Ein Großteil der Bodenbretter war geöffnet, überall standen Werkzeuge und andere benötigte Dinge herum. Sogar meine kleine Sitzecke war im Laufe der Arbeiten im Weg, da ich auf einem wichtigen Werkzeugfach saß. Am besten hätte ich mich wohl in Luft aufgelöst.

Aber irgendwann ist so ein Bootsarbeitstag dann auch zu Ende 🙂 und alle Dinge verschwinden wieder an Ihren gewohnten Platz. Dietmar hatte die Ableitung der Bilgenpumpe mit einem neuen Schlauch wieder dazu gebracht, wie gewohnt ihre Aufgabe zu übernehmen und auch das Abwasser aus dem Bad wanderte wie früher nach draußen. So stand der Weiterfahrt nach Boston morgen nichts mehr im Weg 🙂

 

 

Endlich wieder unterwegs

Man sagt ja immer, nichts geschieht ohne Grund. Die Probleme mit der Maschine hatten gestern unsere Abfahrt verzögert, aber auch dazu geführt, dass wir am Abend noch in einer netten Runde auf der Segelyacht CAPISCE dabei sein konnten. Toni und Jane kommen ursprünglich aus England und waren schon über sechs Jahre unterwegs. Da hatten Sie natürlich einige gute Tipps für uns. Sie würden auch in Kürze in Richtung Süden aufbrechen. Genau wie Peter und Mona, die erst in diesem Jahr mit ihrer Segeljacht EILEIN ihre Reise begonnen haben. Für die Beiden war das gestrige Verlegen an eine Mooring nicht so glimpflich abgelaufen, denn Sie hatten sich die Mooringleine in die Schraube gezogen und waren ohne Maschine letztendlich manövrierunfähig. Trotz geworfenen Ankers, der einfach nicht halten wollte, sind sie auf die Steine vor dem Ufer getrieben. Wir hatten von dem ganzen Drama gar nichts mitbekommen, da wir viel zu sehr mit uns und unserem Boot beschäftigt gewesen waren. Das tat uns natürlich außerordentlich leid 🙁 Aber da es sich bei der SY EILEEN um eine Hinckley-Yacht handelt und die für die Ewigkeit gebaut wurden, war der Schaden nicht allzu groß und die Beiden würden wohl schon am Wochenende die Verfolgung von uns in Richtung Süden aufnehmen 🙂

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Jetzt waren wir tatsächlich unterwegs. Unter Motor konnten wir bei fast spiegelglatter See entspannt Lobster-Bojen-Slalom fahren, bis wir endlich auf die offene See hinauskamen. Hier empfing uns eine leichte und angenehme Brise und unter Segeln liefen wir unserem Ziel entgegen. Obwohl es an Land noch sehr angenehm warm war, waren die Temperaturen auf dem Wasser schon ziemlich frisch 🙁 Da mussten wir doch nach so langer Zeit wirklich wieder das Ölzeug anziehen. Und auch eine wärmende Mütze war dringend angeraten.

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Im Laufe des Nachmittages frischte der Wind immer mehr auf. Unser eigentlich geplantes Ziel Martinicus Island lag schon kurz voraus, als uns aufging, dass mir da wohl ein Planungsfehler unterlaufen war 🙁 Die in der Karte aufgeführten Moorings würden wir mit unserem Tiefgang gar nicht erreichen können und von gutem Ankergrund war nirgendwo etwas zu lesen. Da in der kommenden Nacht aber wieder viel Wind angesagt war, wollten wir einen sicheren und geschützten Ankerplatz. So entschieden wir spontan unseren ersten Segeltag noch etwas zu verlängern und steuerten Tenants Harbor an. Der neue Kurs schien unserer CESARINA gut zu liegen und auch sie schien möglichst schnell ans Ziel kommen zu wollen. So brauchten wir für die zusätzlichen 18 Seemeilen nur etwas mehr als zweieinhalb Stunden und fanden direkt hinter dem Leuchtturm eine Mooring für uns. Nach dem ersten Segeltag waren wir beide völlig platt und fielen direkt nach dem Abendessen müde in die Koje.

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So stand am nächsten Morgen noch der Mond am Himmel, als wir ungewohnt früh nach Booth Bay Harbor aufbrachen. Das Wasser glitzerte wunderbar in der aufgehenden Sonne und machte das Umfahren der Lobster-Bojen nahezu unmöglich. 2,7 Millionen dieser bunten Bojen findet man in den Gewässern von Maine. Für uns Segler ist es ein wirklicher Alptraum. Nach Portugal oder Spanien dachten wir, es wäre wirklich schlimm gewesen mit den Bojen der Fischer. Jetzt aber wissen wir: das war wohl eher etwas für Anfänger 🙂 Aber die amerikanischen Lobster-Bojen haben einen großen Vorteil: die eine Leine, die daran befestigt ist, geht ziemlich direkt senkrecht nach unten zur Lobsterfalle. Die Wahrscheinlichkeit, dass man sie in die Schraube bekommt, ist relativ gering. Und das ist auch gut so, denn trotz größter Vorsicht und Wachsamkeit, hörten wir doch mehrfach ein schabendes Geräusch am Rumpf der CESARINA, bevor eine Boje in unserem Kielwasser wieder auftauchte 🙂

Der Wind kam heute beständig aus Südwest. Genau daher wo wir eigentlich hinwollten. So kreuzten wir mehrere Schläge sportlich gegen an und kamen kaum eine Meile näher zum Ziel 🙁 Mit etwas Motorunterstützung konnten wir aber dann doch so viel Strecke in Richtung Süden gut machen, dass danach wieder entspannt gesegelt werden konnte.

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Vorbei an vielen kleinen Leuchttürmen kamen wir unserem Ziel schnell näher und machten schon um ein Uhr an einer Mooring vor der Carousel Marina fest. Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es mit dem Dinghi dann auch schon an Land und auf Entdeckungstour. Wieder hatten wir ein schönes Fleckchen Erde gefunden.

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Die beiden Seiten der Bucht wurden durch eine über einhundert Jahre alte Fußgängerbrücke verbunden. Überall luden Restaurants oder Cafes zum Verweilen ein und wir entschieden uns für ein leckeres Eis in der „Ice Cream Factory“. Nach den riesigen Portionen mussten wir uns über ein Abendessen definitiv keine Gedanken mehr machen.

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Kugelrund gefuttert spazierten wir noch durch die Innenstadt bis zur Boothbay Harbor Shipyard. Hier werden alte Holzschiffe restauriert oder neu aufgebaut. Auf dem Rückweg bot sich uns eine angenehme Abwechslung. In einer Lobster-Bar wurde Live-Musik gespielt 🙂 Gut, dass man hier auch einfach nur was trinken konnte. So kauften wir uns zwei Bier und suchten uns ein Plätzchen.

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Die Herren der Band waren wirklich gut drauf und hatten viel Spaß und auch ihr Publikum gut im Griff. Erst kurz nach Sonnenuntergang, als uns langsam empfindlich kalt wurde, machten wir uns auf den Rückweg zur Marina. Unser nachmittägliches Eis stellte sich als schlechte Grundlage für die beiden Becher Bier heraus, die am Ende jeder von uns beiden getrunken hatte. So boten wir den anderen wohl schon ein recht lustiges Bild, als wir versuchten, unser Dinghi, das bei Niedrigwasser mit dem Motor wegen der zu geringen Wassertiefe nicht mehr manövrierfähig war, mit den Rudern aus dem Hafen zu bugsieren. Zwei ältere Herren, die das ganze Schauspiel von Ihrem Tisch aus beobachtet hatten, waren auf jeden Fall sichtlich amüsiert.

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Abschied von Mount Desert Island

Nach dem letzten Wochenende hatten wir die Nase eigentlich immer noch ziemlich voll, als Montagmorgen der Werftalltag wieder begann. Bald sah es im Schiff wieder aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen und an den verbleibenden Baustellen wurde weiter fleißig gearbeitet.

Endlich sollte unser Abschied konkreter werden und ein Blick aufs Wetter legte den Mittwoch als optimalen Abfahrtstag nahe. Nach so langer Zeit an einem Ort ist der nahende Abschied irgendwie immer so eine Sache für sich. Auf der einen Seite wollen wir endlich weiter, besser gestern als morgen. Auf der anderen Seite gab es eine ganze Menge besonders schöner Ecken hier auf der Insel, die wir in unser Herz geschlossen hatten.

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Als es mir am Montag mit den Handwerkern echt zu viel wurde, beschloss ich noch einmal zum Schmetterlingsgarten in Southwest Harbor zu gehen. Bei dem Wind, der an diesem Tag herrschte, war zwar mit Schmetterlingen nicht wirklich zu rechnen, aber bei dem Sonnenschein würde der Ausflug meine angeschlagene Stimmung doch deutlich verbessern. Außerdem konnte ich noch einen Umweg bei der Post vorbei machen, um endlich meine Postkarten auf den Weg zu bringen und noch ein paar letzte Erinnerungsfotos von den liebgewonnenen Orten machen.

Gesagt, getan :-).

Als ich nach mehr als drei Stunden wieder zurück in der Marina war, hatte ich war meine Postkarten immer noch im Rucksack (Briefmarken waren leider aus :-)), aber meine Speicherkarte war mit tollen Kolibri- und Herbstbildern gut gefüllt.

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Da auch Dietmar aussah, als könnte er einen Tapetenwechsel vertragen, nahmen wir den Hinckley-Truck und fuhren Nach Bar Harbor, um noch einmal ein leckeres Eis zu essen. Anschließend fuhren wir zum Sonnenuntergang anschauen auf den Cadillac Montain. Die Natur lieferte uns dort wirklich ein grandioses Abschiedsscenario 🙂

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Mittwoch gingen unsere Reisevorbereitungen dem Ende zu. Eben wurde noch schnell die letzte Wäsche gewaschen, während im Vorschiff die letzten Klampen abgedichtet wurden. Für die Nacht war heftiger Wind angesagt und alle Boote mussten am Nachmittag den Steg verlassen und an eine Mooring verlegen. Das war uns eigentlich etwas lästig, da morgen ganz früh die wirklich allerletzten Dinge erledigt werden sollten, bevor wir dann endlich am Mittag in Richtung Süd-Westen aufbrechen konnten. Aber sicher ist sicher und so machten wir uns gegen Abend dann auch auf den Weg. Leider war ich an den Leinen so voreilig, dass ich bei dem plötzlich aufkommenden Seitenwind plötzlich ganz alleine am Steg stand und Dietmar mit dem Schiff schon unfreiwillig früh abgelegt hatte. Da muss sich das Team wohl noch erst einmal etwas einspielen 🙁 Netterweise kam Dietmar mich nach einer gefahrenen Runde vor dem Steg doch noch abholen und ich musste nicht am Steg übernachten. Auch beim Aufnehmen der Mooring gab es noch leichte Koordinationsprobleme. Nach so langer Pause muss ich wohl komplett neu angelernt werden 🙁 Aber Kochen konnte ich wenigsten noch und so machte uns erstmal ein leckeres Abendessen, als draußen wie vorhergesagt Wind und Regen einsetzten. Einen letzten Besuch in unserem Lieblingsrestaurant „Sips“ hatten wir wegen des ungemütlichen Wetters gestrichen.

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Am nächsten Morgen lagen wir schon um halb sieben wieder am Steg. Alle Manöver hatten wunderbar wie im Bilderbuch geklappt 🙂 Vielleicht hatte ich ja doch nicht alles vergessen. Gegen Mittag wollten wir endlich aufbrechen und trieben unseren armen Tischler, der immer noch im Vorschiff mit einigen undichten Stellen im Deck kämpfte, an den Rand des Nervenzusammenbruches. Pünktlich um ein Uhr war er zwar seiner Meinung nach immer noch nicht fertig und schon gar nicht so weit, wie er sich das vorgestellt hatte, aber immerhin war es so weit, dass er uns mit weiteren Anweisungen abfahren ließ.

Nachdem wir uns von allen verabschiedet hatten, ging es endlich los. Im strahlenden Sonnenschein tuckerten wir unter Maschine aus der Bucht. Die unzähligen Lobster-Bojen waren eine echte Herausforderung. Wenn wir eine zu nah passierten, stellte Dietmar die Maschine lieber auf neutral, damit der Propeller nicht die Leinen hineinziehen konnte. Und jedes Mal ging unsere Maschine dabei aus 🙁 Das war zwar schon gestern Abend bei unserer Fahrt zur Mooring der Fall gewesen, aber gestern hatte das eindeutig am fehlenden Gefühl der Steuerfrau für den Gashebel gelegen. Das konnte natürlich heute nicht der Fall sein, wo doch der Kapitän selbst das Steuer in der Hand hatte 🙂 Nach dem fünften Mal drehten wir um. Enttäuscht und genervt legten wir wieder am Steg an. Irgendwie war im Moment wohl der Wurm drin und nichts klappte wie geplant.

Bei Hinckley war man nicht besonders erfreut, uns so schnell wieder zu sehen. Das hatte aber erfreulicherweise keine persönlichen Gründe 🙂 Schnell wurde unsere Maschine einer weiteren kritischen Prüfung unterzogen, mit einem entsprechenden Experten telefoniert und dann Einstellungen an der Einspritzpumpe verändert. Und siehe da, jetzt lief sie wieder wie eine Eins. Mal sehen, was unserer CESARINA morgen einfallen würde, um unsere Abfahrt weiter zu verzögern. Anscheinend hatte sie sich hier zu gut eingelebt 🙂

Wir schwimmen wieder

Ob unsere CESARINA auch tatsächlich wieder zurück ins Wasser kommen würde war im Laufe des Freitags noch ungewiss. Aber am Nachmittag nahte wie geplant trotz der vorherrschenden Freitagnachmittag – Feierabendstimmung der Kran und wir machten uns auf den weiten Weg zum Wasser. Schon zu Fuß ist es eine kleine Wanderung, aber mit dem Kran dauerte es gefühlte Ewigkeiten. Und ich kenne keinen Bootbesitzer der sein Boot gern im Bootslift hängen sieht. Dietmar entschied sich deshalb auch, lieber am Dock auf die Ankunft der CESARINA zu warten. Ich wurde mit der Anweisung: „Mach Du mal schöne Fotos“ beim Boot zurückgelassen :-). Kein Problem, dann mach ich das halt:-)

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Am Wasser angekommen durften wir über eine lange Leiter wieder an Bord klettern. Ich kann es einfach nicht anders sagen, aber ich hasse es. Boote und Leitern passen für mich einfach nicht zusammen. Dann fuhr uns der Kran bis zum Ende des Steges. Hier hatten wir bei auflaufender Flut genügend Wassertiefe und kurze Zeit später schaukelte unsere CESARINA wieder in den Wellen. Das war irgendwie ziemlich ungewohnt. Gut, dass wir einen ruhigen Tag erwischt hatten. Nach so langer Zeit muss man sich erstmal wieder eingewöhnen. Noch in den Schlaufen des Bootliftes hängend aber schon mit dem Unterwasserschiff im Wasser befindlich, wurde die Maschine gestartet und getestet. Nach etwas Fein-Tuning lief sie wieder wie geschmiert. So konnten wir gefahrlos ans Ende des Pontons fahren und dort festmachen.

Für die Mitarbeiter der Hinckley-Werft begann dann der Feierabend. Bei uns sah es etwas anders aus. So viele Dinge waren jetzt zu tun. Wassertanks füllen und Leitungen entlüften. Boiler anwerfen für warmes Wasser (ganz wichtig :-)) Seewassertoilette wieder in Betrieb nehmen. Den Generator mal starten und schauen, ob der noch ein Lebenszeichen von sich gibt. Auch mussten die Segel schon mal wieder an Bord, damit wir morgen früh direkt mit dem Anschlagen derselben beginnen konnten. Für später war nämlich eine Menge Wind angesagt. So verging der restliche Nachmittag wie im Flug und nach einem gemütlichen Abendessen freuten wir uns auf einen ruhigen Abend.

So hatten wir uns im Salon eine Ecke der Couch freigeräumt und saßen friedlich zusammen, als um halb neun der Bilgenalarm losging. Das war es dann wohl mit dem entspannten Abend. Alle möglichen Schreckensszenarien wurden durchgespielt und mögliche verdächtige Fehlerstellen überprüft. Die alte Bilgenpumpe wollte auch nicht wie gewohnt ihren Dienst aufnehmen. Es war wirklich wie verhext. Nach gut einer Stunde hatten wir aber dann die Pumpe wieder im Griff und auch den Schuldigen gefunden: unser Wasserhahn in der Backskiste war nicht zugedreht und ließ langsam und unbemerkt den Inhalt unserer Wassertanks in die Bilge fließen. Schnell hatten wir den Hahn wieder zugedreht und endlich war Ruhe im Schiff 🙂 Hoffentlich stand jetzt einer entspannten Nachtruhe nichts mehr im Wege.

An diesem Samstag war Sonderschicht angesagt und schon gegen acht Uhr war es mit der Ruhe und der Ordnung im Schiff vorbei. Schnell waren die Bodenbretter wieder zur Seite geräumt und die Arbeit an den „Eingeweiden“ unserer CESARINA ging zügig weiter voran. Endlich war die neue Bilgenpumpe fertig angeschlossen und betriebsbereit. Falls uns heute Abend also wieder ein Bilgenalarm aufschrecken würde, waren wir auf jeden Fall gewappnet.

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Der Elektriker kämpfte verzweifelt mit unserem Windmesser. Der hatte irgendwie in der langen arbeitslosen Zeit vergessen, wo Westen und wo Osten liegt und zeigte nun diese beiden Richtungen spiegelverkehrt an. Obwohl alle Kabel geprüft und vermessen wurden, blieb unser Windmesser vorerst bei seinen merkwürdigen Ansichten. Irgendwann am späten Nachmittag gingen alle ins Wochenende. Wir hatten im Laufe des Vormittags beide Rollanlagen montiert und die Segel angeschlagen, gerade noch rechtzeitig bevor ein ungemütlicher Wind zu wehen begann. Aber auch die Sprayhood musste noch aufgebaut werden und unser Bimini. Auch waren noch unzählige Dinge an Land, die noch irgendwo im Bauch der CESARINA verstaut werden wollten. Aber irgendwann war auch bei uns die Luft raus und wir erhofften uns heute dann endlich einen ruhigen Abend.

Unsere Wünsche wurden erhört und erstaunlicherweise wurden wir am Sonntag erst nach neun Uhr wach. Zwar hatte die Natur draußen schon das Licht angemacht, aber anscheinend war sie dabei so vorsichtig und leise vorgegangen, dass wir das komplett verschlafen hatten. Wenn in unserer Halle morgens das Licht anging und die fetten Halogenstrahler laut summend ihren Dienst antraten, war das auf jeden Fall nie unbemerkt geblieben. Heute wollten wir noch einmal mit dem Hinckley-Truck zum Einkaufen fahren, denn nächste Woche sollte es ja weiter gehen. Während wir unseren Einkaufswagen durch die Supermarktgänge schoben, ging draußen die Welt unter: Regengüsse wie aus Eimern und ein kräftiges Gewitter mit Blitz und Donner machte den Sonntag sehr ungemütlich. Wir standen plötzlich vor dem Problem, wo wir denn unsere Einkäufe verstauen sollten. Der Pick-Up ist zwar ein riesiges Gefährt, aber es gibt in der recht kleinen Fahrerkabine nur zwei Sitze und etwas Ablagefläche. Mit fünf den dicken Einkaufstüten zusammen wurde es innen ganz schön kuschelig, aber hinten auf der Ladefläche im Regen wollten die die Sachen ja auch nicht lassen.

Wieder zurück an der Werft hatte der Regen erfreulicherweise aufgehört und wir konnten unsere Sachen recht trocken unter Deck bringen. Leider war es dort aber nicht so trocken, wie wir uns das erhofft hatten. Vorne im Vorschiff hatte sich glatt eine kleine Pfütze gebildet. Total genervt musste Dietmar wieder auf Fehlersuche gehen. So wurde es nichts mit dem ruhigen Sonntagnachmittag. Als wir die möglichen Leckstellen mit dem Wasserschlauch getestet hatten, war die Stimmung auf einem Tiefpunkt angekommen.

Eigentlich konnte es ja nicht mehr schlimmer werden, oder??? Es konnte. Als unsere Abwasserpumpe mit einem satten „Plopp“ den Abwasserschlauch wegen eines geschlossenen Seeventils im Maschinenraum sprengte, statt das Abwasser brav nach draußen zu pumpen, ergriff ich die Flucht. Während sich Dietmar mit Kopflampe bewaffnet dem nächsten Problem zuwendete, ging ich lieber Wäsche waschen. Das war einfach und klappte auch wie immer 🙂

Endlich wiedervereinigt

Als wir zurück nach Southwest Harbor kamen, war unsere CESARINA in Einzelteilen an mehreren, verschiedenen Plätzen über die gesamte Hinckley Werft verteilt. Die Masten lagen in der einen Halle, die Maschine war noch im Mechanical-Department und der Rumpf stand wieder an einer anderen Stelle. Ganz zu schweigen von den unendlich vielen kleinen und großen Einzelteilen die in Kisten und Boxen, die noch an ganz anderen Ecken versteckt waren.

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Gestern war es dann endlich soweit. Nachdem schon in der letzten Woche die Maschine wieder an ihrem gewohnten Platz unter den Bodenbrettern in der Pantry angekommen war, waren heute die Masten an der Reihe. Schon ganz früh wurden wir aus dem Bett geworfen und pünktlich um acht Uhr begann unser Umzug vor die Halle, die wir eigentlich mittlerweile schon ganz lieb gewonnen hatten. Kaum waren wir draußen und hatten wieder Stützen unter dem Boot, stand schon das Rigging-Team in den Startlöchern. So schnell konnte man gar nicht schauen. Keine 5 Minuten später baumelte unser Mast am Kran und mit vereinten Kräften wurde er an die richtige Stelle gebracht. Der Besanmast folgte auf dem Fuß und war im Vergleich zum Hauptmast natürlich ein Kinderspiel.

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Jetzt sah sie endlich wieder wie ein ordentliches Schiff aus. Den ganzen Tag werkelten alle mit Hingabe. Wanten und Stagen wurden angeschlagen und eingestellt. Am Wochenende hatte Dietmar schon alle Leinen und noch viele weitere Dinge an Bord gebracht. Auch Umlenkrollen und Schäkel waren schon vorbereitet. Die Mannschaft fixierte beide Bäume und jetzt fehlten eigentlich nur noch die Segel 🙂 Die kommen aber erst an Bord, wenn wir im Wasser sind. Das Anschlagen der Segel ist an sich schon eine anstrengende und nicht ganz einfache Arbeit und muss nicht auch noch in fünf Metern Höhe stattfinden.

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Als wir gestern Abend zu zweit den Spinnakerbaum die wackelige Leiter hinauftrugen, wären wir beinahe abgestürzt. Mir graut es morgen schon vor der Matratze, die noch in einer Kiste in der Halle liegt und folglich auch noch die verdammte Leiter hinauf getragen werden muss. Vielleicht findet sich ja morgen ein bereitwilliger Helfer und ich bleibe davon verschont. Die Leiter ist mir schon ohne zusätzliche Beladung ein ziemlicher Graus 🙂

Unser Abendessen nahmen wir das erste Mal nach langer Zeit wieder im Cockpit ein. Der Tisch ist zwar immer noch beim Lackieren, aber das tat dem Ganzen keinen Abbruch. Bis die Sonne unterging, genossen wir die letzten warmen Strahlen. Dann aber vermissten wir unsere schützende Halle schmerzlich, als in der Dämmerung die Maine-Moskitos über uns herfielen. Innerlich bereiteten wir uns schon auf eine schlaflose Nacht vor, aber als es dann dunkel war, war der Gott sei Dank Spuk vorbei. Anscheinend haben Moskitos in Maine keine Nachtflugerlaubnis 🙂